Sprach-Empfehlungen für Institutionen: Weimer führt seine „Freiheit“ ad absurdum

Es ist immer noch Sommer, in der Kultur immer noch nicht viel los, nur Kulturstaatsminister Wolfram Weimer sorgt kontinuierlich für Aufregung. Hatte er letzte Woche verkündet, dass in seiner Behörde nicht mehr extrem gendergerecht mit Sonderzeichen wie Sternchen, Doppelpunkten oder Unterstrichen kommuniziert werden dürfe, schriftlich wie vermutlich auch mündlich, legte er jetzt zu Beginn des Wochenendes nach.

In einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur (dpa) sagte er, dass er „diese Linie“ auch jenen Institutionen empfehle, „die mit öffentlichen Mitteln arbeiten – von Museen über Stiftungen bis hin zu Rundfunkanstalten. Wer im öffentlichen Auftrag spricht, sollte eine Sprache wählen, die für alle nachvollziehbar ist und breite Akzeptanz findet.“

Vom Deutschen Journalistenverband über den Deutschen Kulturrat bis hin zum Vorsitzenden des Kulturausschusses im Bundestag, Sven Lehmann von den Grünen hat es schon empörte Reaktionen gegeben. Und tatsächlich muss Weimer sich fragen lassen, was ihn da treibt – und wie sich das verhält mit anderen seiner Äußerungen, „jede bevormundende Spracherziehung“ abzulehnen. Sprache solle verbinden, nicht trennen, so seine Devise. Nur vermittelt er den Eindruck, diese Trennung selbst weiter voranzutreiben.

Weimer will Riegel vor sprachliche Veränderungen schieben, die lange Eingang gefunden haben, ob das nun einem jeden und einer jeder gefällt oder nicht, und versucht sich da qua Macht seines Amtes gegen zu wehren.

Was Weimer gern im Munde führt, das ist die bürgerliche Freiheit, die Freiheit des Individuums, die Freiheit von Kunst und Kultur. Genau diese Freiheit führt er mit seinen Empfehlungen ad absurdum. Den Verdacht, den Kulturkampf, den er von rechts und von links sieht, selbst mitzuführen, den bestätigt Wolfram Weimer mit jeder seiner Eingaben und Verlautbarungen aufs Neue. Tatsächlich muss man seine „Empfehlung“ auf gendergerechte Sprache in ihrer ganzen Radikalität zu verzichten, als Drohung an die öffentlich geförderten Institutionen verstehen.

Mal abwarten, was Weimer als Nächstes in Sachen Sprache empfiehlt: Verzicht auf Anglizismen zum Beispiel. Nur könnte er dann doch auch ernsthafte Probleme mit seinem obersten Vorgesetzten bekommen, dem Bundeskanzler. Der verwendet gern Formulierungen wie „all in“, „whatever it takes“ oder „Mindset“ und glaubt damit auf politischem Parkett punkten zu können.