Mitarbeiter kritisierten schon vor Jahren NS-Raubkunst in Gemäldesammlungen
Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen sollen in zahlreichen Fällen Nachfahren von in der NS-Zeit bestohlenen Juden nicht über Raubkunst-Werke in ihrem Bestand informiert haben. Nun kommt heraus, dass es bei den Staatsgemäldesammlungen intern offenbar bereits vor einigen Jahren Kritik an dem Umgang mit NS-Raubkunst gegeben hat. Eine Sprecherin der staatlichen Einrichtung erklärte, dass Mitarbeiter im Jahr 2022 ein Dokument dazu verfasst hätten. Zuvor hatte die »Süddeutsche Zeitung« berichtet, dass der Zeitung das Papier zugespielt worden sei.
Das Dokument sollen die zwei Stellvertreter von Generaldirektor Bernhard Maaz geschrieben haben. »In dem Papier nehmen die Autoren eine Analyse der Mängel bei der Provenienzforschung in den Staatsgemäldesammlungen vor«, heißt es in dem SZ-Bericht. Die Autoren hätten es geschrieben, nachdem sie mit ihrer zuvor schon formulierten Kritik nicht durchgedrungen seien.
Das Schreiben sei an Maaz und zwei weitere leitende Personen adressiert, schreibt die »Süddeutsche«. Es sei aber unbekannt, ob die Stellungnahme je abgeschickt worden sei. Die Sprecherin der Staatsgemäldesammlungen sagte dazu: »Das zitierte Dokument von 2022 befand sich als internes Arbeitspapier im Entwurfsstadium und hat Herrn Maaz nie erreicht.«
Nachfahren jüdischer Kunstbesitzer üben Kritik
Die Nachfahren von jüdischen Kunstbesitzern, denen die Nationalsozialisten wohl Werke geraubt hatten, hatten die bayerische Staatsregierung scharf kritisiert. Sie hatten verlangt, dass der Freistaat bei der Provenienzforschung zu NS-Raubkunst transparenter und schneller arbeiten müsse. Die Staatsgemäldesammlungen, die unter anderem die berühmte Pinakothek in München betreibt, stehen im Zentrum der Kritik.
Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) hatte zuletzt zu dem Thema im Landtag Stellung bezogen. Blume hatte gewisse Fehler eingeräumt und Maßnahmen angekündigt, um die Situation zu verbessern. Unter anderem soll es zusätzliche Stellen geben. Eine Million Euro wurde von Blume für die Verbesserung der Provenienzforschung zur Verfügung gestellt. Dabei geht es darum, die Geschichte der Kulturgüter genau zu dokumentieren, um Raub- und Beutekunst dann zurückzugeben.
Laut der Staatsgemäldesammlungen geht es um etwa 6000 Gemälde und Skulpturen, die geprüft werden müssten. Verdächtige Werke würden in der Lost-Art-Internetdatenbank veröffentlicht. Derzeit seien dort 376 Werke mit nachweislichem Raubkunstverdacht gemeldet, erklärte die Pressesprecherin: »Diese stammen aus den Forschungsprojekten zu Erwerbungen 1933 bis 1945 und zu den Überweisungen aus NS-Besitz.«
Die Nachfahren von Kunsthändlern wie Alfred Flechtheim, Paul Mendelssohn-Bartholdy oder den Brüdern Lion kämpfen seit Jahren um die Rückgabe von Werken, die von den Nationalsozialisten geraubt wurden und sich nun in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen befinden. Darunter sind »Madame Soler« von Pablo Picasso oder Gemälde von Max Beckmann und Paul Klee.
Alte Pinakothek in München
Foto: Peter Kneffel / dpa