18.400 Euro Ruhegeld für einen Monat: Der Rechtsstreit zwischen Schlesinger und dem RBB wird weitergehen

High Noon ist im Landgericht Berlin am Mittwoch ausgefallen. Zwar verkündete der Vorsitzende Richter Thomas Markfort Punkt zwölf Uhr im Rechtsstreit zwischen dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und Patricia Schlesinger ein Urteil – doch das ist kein endgültiges.

Der Klage der ehemaligen Intendantin auf Ruhegeld für Januar 2023 in Höhe von rund 18.400 Euro wurde zwar stattgegeben, aber das Urteil bezieht eben nur auf einen Monat. Zudem sei es keine Vorabentscheidung über weitere Ansprüche, sagte Richter Markfort bei der Urteilsverkündung.

Joachim Huber war bis 2024 Verantwortlicher Redakteur Medien und ist jetzt Autor. Er begleitet die Causa Schlesinger für den Tagesspiegel seit Beginn.

Weder Schlesinger noch ihre Anwälte waren beim Richterspruch der 105. Zivilkammer anwesend. Der RBB dagegen war durch Anwalt René Weißflog, Justiziarin Kerstin Skiba, Verwaltungsratschef Wolfgang Krüger und Benjamin Ehlers, ebenfalls Verwaltungsratsmitglied, vertreten.

Dass Schlesinger ihre Klage auf nur einen Monat beschränkt hatte, hängt sicherlich mit dem Streitwert des Verfahrens zusammen. Für die gesamte Phase einer möglichen Ruhegeldzahlung würde er bei mehreren hunderttausend Euro liegen. Das hätte für Schlesinger die Prozess- und Gerichtskosten deutlich in die Höhe geschoben.

Mit dem Urteil vom Mittwoch kann sich die heute 64-Jährige durchaus Chancen ausrechnen, in einem weiteren Verfahren – falls sie es anstrebt – die gesamte geforderte Summe vom RBB überwiesen zu bekommen. Damit ließen sich die Gerichts- und Prozesskosten ohne Probleme bezahlen.

Beide Parteien, RBB wie Patricia Schlesinger, müssen jetzt entscheiden, ob sie gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil beim Kammergericht Berufung einlegen werden. Sie werden erst die Urteilsbegründung analysieren, die ihnen dieser Tage zugestellt wird. Der Vorsitzende des Verwaltungsrats, Wolfgang Krüger, sprach nach dem Urteil von „einem guten Tag für den rbb und die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler“.

Auch die Öffentlichkeit soll sie nach Angaben von Gerichtssprecherin Paula Riester in den nächsten Wochen lesen können. Der Richterspruch bedeutet auch, dass die vom RBB im selben Verfahren erhobene Widerklage, wonach der Klägerin Schlesinger keine nachvertraglichen Ruhegeldansprüche zustehen, als unzulässig abgewiesen wurde.

Punktabzüge gab es für zwischen 2016 und 2022 amtierende RBB-Intendantin dennoch. Sie wurde zu Zahlungen an den öffentlich-rechtlichen Sender in Höhe von rund 24.000 Euro wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Dienstwagen und Reisekosten verurteilt.

Beide Parteien müssen über Fortsetzung entscheiden

Bezüglich zweier weiterer Pflichtverletzungen – nämlich der Gewährung von variablen Vergütungen für Führungskräfte durch Schlesinger und ihrer ARD-Zulage – erließ das Gericht lediglich ein sogenanntes Grundurteil, also ein Zwischenurteil. Es erkannte den Anspruch des RBB grundsätzlich an, traf aber noch keine Aussage über die Höhe.

Der RBB hatte hier laut Gericht Summen von 1,7 Millionen Euro und 88.000 Euro genannt. Im Übrigen wurde die Widerklage des RBB abgewiesen, etwa was von Schlesinger verursachte hohe Bewirtungskosten anging.

Der Rechtsstreit zwischen RBB und Schlesinger wird sich auf jeden Fall fortsetzen und weiter verästeln. Beim von der ehemaligen Intendantin forcierten Projekt eines Digitalen Medienhauses, zu dem Sender erst kurz vor dem Termin am Mittwoch Widerklage erhoben hatte, wurde die Klage abgetrennt, sie wird erst in einem weiteren Verfahren behandelt werden.

Ohne Gefolgsleute hätte Schlesinger nicht durchregieren können

Das Regime der Patricia Schlesinger konnte nur durch und in einem System der gesamten auf Schlesinger ausgerichteten Senderspitze aus Direktorium und Gremium funktionieren. Und wie praktisch, dass die Intendantin Patricia Schlesinger und Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf ein Herz und eine Seele waren. In diesem Dunst- und Gunstkreis kam auch Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl nicht zu kurz.

Deswegen war und ist es bis heute ungenügend, dass sich der Skandal derart auf die Person Schlesinger kapriziert. Ohne Gefolgsleute in den oberen Rängen und Gremien hätte sie nicht derart durchregieren können.

Die Beletage gibt es nicht mehr, mit mal mehr und mal weniger Erfolg hat der RBB die Aberkennung auf Ruhegeld-Zahlungen von ehemaligen Direktoren und der früheren Justitiarin durchgesetzt.

Dieses umfassende Versagen ist heute nicht hinreichend öffentlich aufgeklärt. Es erstaunt deswegen nicht wenig, dass die Generalstaatsanwaltschaft Berlin bis heute strafrechtliche Ermittlungen gegen Schlesinger, Spörl, Wolf und weitere RBB-Hierarchen nur behauptet.

Bislang sind keinerlei Ergebnisse bekannt geworden, was den Verdacht nährt, dass sich die Behörde schlichtweg hinter der RBB-eigenen Aufklärung versteckt und – in Umkehrung sonstiger Gepflogenheiten – der zivilrechtlichen Behandlung den Vorzug vor der strafrechtlichen eingeräumt hat.

Mit dem ersten Urteil gegen Schlesinger am Mittwoch muss dieses Versteckspiel beendet werden und die Generalstaatsanwaltschaft ihr weiteres Vorgehen erklären. Die Causa Schlesinger-RBB geht weiter.