Iranischer Regisseur Panahi erhält Goldene Palme für besten Film

Der iranische Regisseur Jafar Panahi hat mit seinem Film »Un Simple Accident« die Goldene Palme der Filmfestspiele von Cannes gewonnen. Der Film setzte sich im Wettbewerb gegen 21 andere durch. Entschieden hat eine Jury unter dem Vorsitz der Schauspielerin Juliette Binoche.

Panahi setzt sich in »Un Simple Accident« mit Erlebnissen im Gefängnis und der Gewalt des iranischen Regimes auseinander. Der Iraner hat mit früheren Werken bereits die Hauptpreise des Filmfests Venedig und der Berlinale gewonnen.

Panahis neues Werk handelt von einer Gruppe ehemaliger Gefangener, die ungeplant den Agenten entführen, der sie mutmaßlich in einem iranischen Gefängnis gefoltert hat. Eines der Folteropfer sieht den Geheimagenten zufällig wieder und kidnappt ihn in seinem Bus mit dem Ziel, sich zu rächen und ihn umzubringen. Dann kommen dem Mann allerdings Zweifel. Er sucht eine Reihe anderer Folteropfer auf. Gemeinsam versuchen sie zu verifizieren, dass es ganz sicher der Mann ist, dessen Opfer sie wurden.

Daraus entwickelt sich eine Art chaotischer Roadtrip, auf dem die Gruppe in hitzige Diskussionen darüber gerät, was eine angemessene Form der Rache ist. Öfter geht es um die zutiefst gewaltvollen Erfahrungen, die die Beteiligten in Gefangenschaft gemacht haben. Trotz des schweren Themas gibt es im Film aber auch humorvolle Momente.

Panahi war es zum ersten Mal seit 15 Jahren gelungen, persönlich in Cannes zu erscheinen. Die iranischen Behörden hatten ihm lange die Ausreise aus dem Land verweigert.

Sein Film ist eine deutliche Kritik an den Verhältnissen in Iran. »Am Ende macht der Film deutlich, dass es letztlich ein strukturelles Problem ist. Das Problem liegt bei der Regierung und nicht bei den Leuten, die im System gefangen sind«, sagte Panahi im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.

Er hoffe, irgendwann »mit ganz normalen Menschen in Iran im Kino zu sitzen und diesen Film zu sehen«. Die iranische Regierung habe immer Wege gefunden, Filmemacher von ihrer Arbeit abzuhalten. Aber diese hätten auch immer Wege gefunden, es dennoch zu tun.

Preis der Jury für Mascha Schilinski

Der Große Preis der Jury, die zweitwichtigste Auszeichnung des Festivals, ging an »Sentimental Value« von Joachim Trier. Kleber Mendonça Filho erhielt für »O Secreto Agente« den Preis für die beste Regie. Einen Spezialpreis der Jury erhielt Bi Gan für »Resurrection«. Der Preis als beste Darstellerin ging an Nadia Melliti für ihre Rolle in »La Petite Dernière«.

Die Berlinerin Mascha Schilinski gewann für ihr Drama »In die Sonne schauen« den Preis der Jury, den sie sich mit Oliver Laxe für seinen Film »Sirât« teilt.

»In die Sonne schauen« spielt auf einem abgelegenen Hof in der ostdeutschen Altmark, auf dem sich die Lebensgeschichten von vier Frauen verschiedener Generationen kreuzen. Schilinski hatte mit ihrem Film den Hauptwettbewerb in Cannes eröffnet und sofort überschwängliche Kritiken bekommen. »Wir wollten herausfinden, wie Traumata über Generationen hinweg unsere Körper prägen«, erklärte sie nach der Premiere.

Erster deutscher Erfolg seit 2017

Es ist das erste Mal seit 2017, dass wieder ein in Deutschland spielender Film unter deutscher Regie im Rennen um die Goldene Palme war. Zuletzt war dies Fatih Akin mit »Aus dem Nichts« gelungen.

Als bester Schauspieler wurde Wagner Moura für seine Rolle in »O Secreto Agente« von Kleber Mendonça Filho ausgezeichnet. Für das beste Drehbuch wurden Jean-Pierre und Luc Dardenne mit »Jeunes Mères« ausgezeichnet.

Die Preisverleihung der 78. Filmfestspiele fand wie geplant statt, nachdem es in Cannes am Samstag einen größeren Stromausfall gegeben hat.

Preisträger von Cannes (von links): Die Regisseure Hasan Hadi und Tawfeek Barhom mit Jafar Panahi

Foto: Sameer Al-Doumy / AFP

Mascha Schilinski: Gewinnerin des Preises der Jury in Cannes

Foto: Miguel Medina / AFP