Offenbar alles andere als einvernehmlich: Geschäftsführer Tom Herrich verlässt Hertha BSC

War das schön am Dienstagabend. Die Eisbären Berlin feierten eine wunderbare kleine Meisterschaftsparty mit Sponsoren und Journalisten, die 11. in den vergangenen 20 Jahren. Der Veranstaltung wohnten auch Fabian Drescher und Tom Herrich vom seit 94 Jahren titellosen Fußball-Zweitligisten Hertha BSC bei. Drescher ist Präsident, Herrich der Geschäftsführer. Der gemeinsame Auftritt passte nicht zu dem, was einen Tag später folgen sollte: Herrichs Demission.

In einer Vorabinformation teilte der Klub am Mittwoch mit: „Das Präsidium des Hertha BSC e. V. hat in den vergangenen Monaten intensive und stets transparente Gespräche mit allen Beteiligten zur strategischen Neuausrichtung unseres Vereins geführt. Im Rahmen dieser umfassenden Analyse hat Tom Herrich angeboten, seinen Vertrag vorzeitig zum 30.06.2025 zu beenden.“ Das Präsidium und der Aufsichtsrat des Hertha BSC e. V. habe dieser Bitte entsprochen.

Das Pikante: Laut Tagesspiegel-Informationen ist Herrich von Hertha mehr oder weniger gegangen worden. Die Trennung war wohl nicht einvernehmlich.

Die Personalie passt zu diesem rastlosen Klub. In den vergangenen Wochen hatte sich Hertha unter dem neuen Trainer Stefan Leitl sportlich stabilisiert. Finanziell sieht es derweil immer noch nicht rosig aus, doch eine Lizenz für die kommende Saison – da sind sich die Beobachter sicher – wird wohl kein Problem sein.

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Nach Lage der Dinge stand es schon mal schlechter um Hertha, zumal der Zuspruch von den Anhängern riesig ist. Aber immer, wenn Hertha stabil wirkt, kommt der nächste Schlag. Oder um es mit dem österreichischen Schriftsteller Wolf Haas zu halten: „Jetzt ist schon wieder was passiert.“

Mit Herrich verliert der Verein einen Mann, der seit 20 Jahren für Hertha tätig war. Im Jahr 2005 wechselte Herrich vom Sportrechtevermarkter Sportfive zu Hertha und war zunächst als Geschäftsstellenleiter tätig, bevor er 2009 zum Mitglied der Geschäftsleitung und Prokuristen der Hertha BSC GmbH und Co. KGaA aufstieg. Diese Position hatte er bis Sommer 2022 inne, ehe ihn das Präsidium zum neuen und alleinigen Geschäftsführer bestellte. Im März 2024 verlängerte er seinen Vertrag. Seit dem 1. Juli 2024 wirkt Herrich zusammen mit Ralf Huschen als Geschäftsführer und fungiert darüber hinaus als Sprecher der Geschäftsführung.

Herrich nahm in den vergangenen Jahren eine sehr wichtige Rolle bei Hertha ein, vielleicht die wichtigste im Klub. Im Frühjahr 2023 hatte er noch zugeben müssen, „dass wir ein Sanierungsfall sind“. 250 Millionen Euro waren verbrannt worden.  

Die Existenz des Vereins stand auf dem Spiel, der Lizenzentzug war eine reale Gefahr. Herrich zeigte sich aber optimistisch und behielt schließlich recht. Mit seinem Konsolidierungskurs spielte er eine entscheidende Rolle nach dem sportlichen Abstieg, das finanzielle Überleben des Vereins zu sichern.  

Und dennoch blieb er auch immer der Mann in der Ära vor dem Anfang 2024 verstorbenen Präsidenten Kay Bernstein. Dieser wollte einiges umkrempeln, den Berliner Weg gehen. Der alte Finanzmann Herrich passte nicht zu dem neuen Geist, der auf dem Trainingsgelände am Schenckendorffplatz zu verspüren war. Es herrschte eine latente Unzufriedenheit mit Herrich, der eine Kultur vorlebte, die nicht mehr gewollt war.

Wer folgt nun auf Tom Herrich? Ein Favorit auf die Nachfolge ist der frühere HSV-Geschäftsführer Jonas Boldt. Die „Bild“-Zeitung berichtete aber jüngst, dass dessen Interesse an dem Job erkaltet sei. Und tatsächlich hat es laut Tagesspiegel-Informationen zuletzt keine Gespräche zwischen Hertha BSC und Boldt gegeben. Aber wohl auch deshalb, weil Drescher erst einmal die Personalie Herrich sauber zu Ende bringen wollte.