DFB-Pokalfinale der Frauen: Der Zwiespalt zwischen Sichtbarkeit und toxischer Fankultur

Seit drei Jahren läuft die Jagd nach Zuschauerrekorden nun schon. Die Fußball-Europameisterschaft 2022 in England sorgte für große Euphorie weltweit, so auch in Deutschland. Und der deutsche Frauenfußball versuchte, die große Begeisterung zu nutzen, indem er immer wieder sogenannte Highlightspiele in großen Stadien veranstaltete. Das Ziel dabei: die Sichtbarkeit der deutschen Fußballerinnen weiter zu erhöhen.

Das DFB-Pokalfinale zwischen den Fußballerinnen von Werder Bremen und dem FC Bayern, das auch an diesem Donnerstag wieder wie jedes Jahr im Kölner Stadion ausgetragen wird (16 Uhr/ARD und Sky), reiht sich in diese Versuche ein. Es wird zum dritten Mal in Folge mit 44.400 Zuschauenden ausverkauft sein. „Die jährliche Ausspielung des Pokals ist nicht nur einer der Höhepunkte im Kölner Sportjahr, sondern mit einem inklusiven Fan- und Familienfest sowie den zahlreichen Mädchenturnieren auf den Stadionvorwiesen auch ein Tag ganz im Zeichen des Frauenfußballs“, sagte Robert Voigtsberger, Beigeordneter für Bildung, Jugend und Sport der Stadt Köln, im Vorfeld.

Inmitten der Hatz nach Rekorden befinden sich der Deutsche Fußball-Bund sowie die Bundesliga-Vereine in einem gewissen Zwiespalt. Einerseits ist es wichtig, so viele Menschen wie möglich ins Stadion zu locken, um eine größere Aufmerksamkeit zu schaffen. Andererseits soll das nicht um jeden Preis geschehen, wie einige Fans finden.

Das anstehende Pokalfinale wird sehr wahrscheinlich ein gutes Beispiel für die respektvolle und inklusive Fankultur sein, die sich auch im Bundesligaalltag der Frauen in den vielen kleineren Stadien etabliert hat. Unter den Fans in Köln befinden sich in jedem Jahr viele Familien, Kinder sowie Nachwuchsfußballerinnen und -fußballer. Es geht ihnen vor allem darum, die Fußballerinnen auf dem Platz zu unterstützen, ganz ohne Diskriminierung oder Beleidigungen des anderen Teams, für das man womöglich nicht ins Stadion gekommen ist.

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Spiele in großen Stadion haben auch Nachteile

Beim historischen Aufeinandertreffen von Werder und dem Hamburger SV vor 57.000 Fans im Halbfinale des DFB-Pokals war das nicht immer der Fall. Zwar herrschte rund um den Volkspark eine größtenteils entspannte Atmosphäre, immer wieder gab es aber auch eher unschöne Szenen. Als etwas Larissa Mühlhaus, Spielerin von Werder und ehemalig Hamburgerin, bei ihrer Auswechslung lautstark ausgepfiffen wurde. Oder als Werder-Fans sich über die gegnerische Torfrau nach einem Fehler lustig machten, ohne ihren Namen zu kennen.

Werders Lina Hausicke im Hamburger Volksparkstadion.

© IMAGO/Gabor Baumgarten

Aufgrund von Ereignissen wie diesen boykottieren manche Fans Highlightspiele. So blieb die Nutria Bande, eine Gruppe, die den Fußball der Frauen in Frankfurt seit 2018 mit organisiertem Support unterstützt – eine Seltenheit im Fußball der Frauen –, sogar dem alles entscheidenden Heimspiel der Eintracht um die Meisterschaft Mitte April fern.

Sexistische Beleidigungen gegen Spielerinnen oder Offizielle sind bei diesen Spielen absurderweise normal.

Nutria Bande über Highlightspiele im Frankfurter Waldstadion

Der Grund: das Duell mit dem FC Bayern im Waldstadion fand nicht wie gewöhnlich im Stadion am Brentanobad in Frankfurt-Rödelheim statt. „Mit diesen Spielen bringt man nicht unsere Kultur ins Waldstadion, sondern die Männerkultur zu unseren Spielen. Sexistische Beleidigungen gegen Spielerinnen oder Offizielle sind bei diesen Spielen absurderweise normal“, hieß es damals in einem Statement der Gruppe.

Sie kritisierten dabei auch den Eventcharakter des Spiels. Beim Rahmenprogramm ging die Eintracht nämlich etwas neue Wege, indem es vor und nach dem Spiel auf der Fanmeile und auf dem Kunstrasenplatz am Stadion eine DJ-Live-Session gab. Auch im Stadion beim Spiel selbst wurde aufgelegt.

In dieser Saison hat sich zudem gezeigt, dass die großen Highlightspiele meist nicht dafür sorgen, dass in der Folge mehr Menschen zu Spielen der Frauen auf den kleineren Plätzen gehen. Auch wenn es Positivbeispiele gibt, wie beim 1. FC Union in Berlin. Die Köpenickerinnen feierten erst am vergangenen Wochenende vor über 14.000 Menschen den Aufstieg in die Erste Liga. Durch den dauerhaften Umzug ins Stadion An der Alten Försterei kommen sie auf einen Zuschauerschnitt von über 5000 Fans, mehr als bei jedem Zweitligisten und den meisten Erstligisten.

Am Sonntag unterstützen über 14.000 Fans die Fußballerinnen des 1. FC Union.

© IMAGO/Matthias Koch

Für die Spielerinnen auf dem Platz sind solche Kulissen trotz aller Kritik ein besonderes Erlebnis und auch ein Zeichen der Wertschätzung. „Mit dieser Kulisse klarzukommen, war eine ganz neue Erfahrung“, sagte Bremens Stürmerin Sophie Weidauer in einer Medienrunde vor dem Pokalfinale. „Dass das mittlerweile möglich ist, spricht für die Entwicklung des Frauenfußballs“, fügte Sarah Zadrazil, Mittelfeldspielerin des FCB, mit Blick auf das Publikum in Köln hinzu.

Im Müngersdorfer Stadion wird am Donnerstag wohl erneut ein lautstarkes und unterstützendes Publikum vor Ort sein, das vorrangig auf ein spannendes Duell hofft, auch wenn die Münchner Fußballerinnen als klare Favoritinnen ins Spiel gehen.

Mit dem Zwiespalt zwischen einem gewissen Nacheifern des Männerfußballs und dem Erhalt der für den Frauenfußball typischen Fankultur werden sich die Entscheidungsträger im Frauenfußball aber wohl auch in Zukunft auseinandersetzen müssen.