Wenn der Tod den Schrecken verliert

Wenn der Palliativmediziner Sebastian Pfrang neue Patienten im Franziskus-Krankenhaus in Berlin begrüßt, stellt er ihnen meist eine einfache Frage: Er kenne ihre Krankheitsgeschichte aus den Akten, aber was meinen sie selbst, was man in der Klinik für sie tun könnte? Der Moment überfordert die Patienten zunächst oft. Wann wird man schon von einem Arzt nach der besten Behandlung gefragt?

Pfrang kümmert sich um Menschen, die nicht mehr geheilt werden können. Er will nicht mehr therapieren, sondern ihr Leben auf diesem letzten Weg so angenehm wie möglich machen. Perspektivwechsel wie dieser machen die Palliativmedizin aus. Regisseur Philipp Döring hat sie in seinem herausragenden, mehrfach preisgekrönten Dokumentarfilm »Palliativstation« eingefangen.

Rund zwei Monate hat Döring, der auch Kamera, Produktion und Schnitt verantwortet hat, im Franziskus-Krankenhaus gefilmt. Vier Stunden dauert nun der Zusammenschnitt, und trotzdem wünscht man sich nach Filmende noch viel mehr: mehr Zeit mit den Patientinnen und Patienten, die einen mit beispielloser Großzügigkeit an ihren Ängsten und Leiden, aber auch ihren Momenten des Trosts und der Erleichterung teilhaben lassen. Und mehr Zeit mit Oberarzt Pfrang.

Wie der auf seine Patienten zugeht, ihnen unverstellt die verbliebenen Optionen darlegt und sie dabei ermutigt, sich gerade jetzt nicht nur für den Tod, sondern auch für das Leben zu öffnen, könnte kaum einfühlsamer und damit tröstlicher sein. »Palliativstation« lässt einen wundern: Wenn es selbst für die schwierigste Strecke im Leben, nämlich den Weg in den Tod, echte Hilfe und richtige Worte gibt, wovor fürchten wir uns dann genau?

»Palliativstation«. Regie: Philipp Döring. 245 Minuten. Im Kino.