Konstantin Wecker kann nur noch »wie ein kleines Kind« Klavier spielen

Der Musiker Konstantin Wecker, 78, kann nicht mehr Klavier spielen. Grund ist seinen Angaben zufolge eine Schädigung von Nerven in seinen Händen. »Gerade die linke Hand hatte immer wieder Ausfälle. Ich nahm es anfangs nicht ernst, dachte mir, vielleicht hast du einfach einen schlechten Tag, das vergeht schon wieder. Aber es verging nicht. Ein schleichender Prozess, bei dem es von Woche zu Woche immer schlimmer wurde«, sagte er der »Süddeutschen Zeitung« . Eine genaue Diagnose gebe es nicht.

Er könne nur noch »ganz einfache Melodien« spielen, sagte er der Zeitung. »Wie ein kleines Kind. Wie ein Anfänger. Mehr ist nicht mehr drin. Und vermutlich wird das auch nicht mehr. Es gibt keine Aussicht auf Heilung.«

Darum werde er sein Anti-Nazi-Lied »Willy« wahrscheinlich nie wieder auf der Bühne singen. »Da könnte ich niemand sonst ans Klavier lassen. Den muss ich einfach selbst spielen. Aber ich kann es nicht mehr. Der Willy ist nun Geschichte.«

Dass er privat nicht mehr spielen könne, sei für ihn aber noch schlimmer, sagte der Liedermacher, dessen neues Buch  »Der Liebe zuliebe« am 1. September erscheint. »Das schmerzt mich viel mehr. Am Klavier zu sitzen, das war für mich pure Meditation. Ich habe dabei nie geübt, ich habe einfach gespielt, mich gänzlich verloren in der Musik. Oft drei Stunden am Stück. Diesen Verzicht zu akzeptieren, ist eine extrem harte Herausforderung.«

»Nicht die glücklichste Phase«

Ausführlich äußert sich Wecker in dem »SZ«-Interview auch über seinen Alkoholentzug. Der Musiker ist überzeugt, »dass der ständige Konsum des Nervengifts Alkohol erst zu meiner Erkrankung in der Hand geführt hat«. Im Januar 2022 wies er sich selbst in eine Entzugsklinik ein, nachdem er sich bewusst gemacht habe, dass er für seine Familie zur Belastung geworden sei: »Ich wurde hinfällig, tattrig. Immer wieder bin ich aus dem Bett gefallen, immer wieder mussten mich meine Kinder, meine Frau ins Bett zurück heben.«

Nach einem Rückfall (»Ich bin mit dem Taxi nach Frankfurt Bahnhof, kaufte mir Wein und Crack, dann bin ich zurück ins Hotel.«) sei ihm klar geworden: »Entweder ich mache so weiter und gehe an meiner Sucht zugrunde. Oder ich lasse es komplett. Ein Mittelweg war nicht denkbar.« Seit einem zweiten Klinikbesuch lebt Wecker abstinent.

Anders als etwa sein langjähriger Freund Dieter Hildebrandt, der sich ebenfalls in höherem Alter zu seiner Alkoholerkrankung bekannte, gelingt es Konstantin Wecker allerdings nicht, sich an seinem Nüchternsein zu erfreuen: »Im Zusammenspiel mit der Tatsache, dass ich nicht mehr Klavier spielen kann, möchte ich nicht behaupten, dass ich gerade die glücklichste Phase meiner bald 78 Jahre durchlebe.«

Dennoch ist Wecker überzeugt, dass der Entzug richtig gewesen sei: »Auch deswegen, weil ich den Moment des Sterbens nicht im Suff erleben will«, sondern bewusst. Zuvor plant der Musiker aber noch mindestens zwei Tourneen. Am Klavier wird ihn, wie seit mehr als 30 Jahren, dann der Pianist Jo Barnickel begleiten, »der spielt meine Lieder ganz wunderbar«, lobt Wecker, »so kann ich mich ganz dem Gesang und meiner Poesie widmen«.