Helden-Mythos trifft Nationalismus: Warum mich der Veteranentag verstört hat
Kürzlich hat der erste nationale Veteranentag stattgefunden. Ein Event, das sich von nun an jährlich wiederholen soll. Es gibt zu Recht viel Kritik an dieser Feierlichkeit und ich kann kaum in Worte fassen, wie verstörend ich diese Entwicklung finde – besonders als Jüdin.
Es gibt gute Gründe, warum es in Deutschland solch einen Ehrentag für deutsche Soldaten bisher nicht gegeben hat. Der Volkstrauertag zeigt beispielsweise deutlich, dass die Romantisierung und Ikonisierung „gefallener“ Soldaten Hand in Hand gehen mit Geschichtsrevisionismus und nationalistischen Volksnarrativen.
Die Opfer-Umkehr, die mit der Ehrung deutscher „gefallener“ Soldaten einhergeht, ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht aller tatsächlichen Opfer, sondern es verschleiert auch die Verantwortung, die Deutschland und Deutsche haben und verherrlicht Militarisierung. Ich schreibe „gefallen“ in Anführungszeichen, weil es Worte wie dieses sind, die durch ihre heroische Konnotation zu einem Helden-Mythos beitragen.
Weiterer Schritt zu einer „kriegstüchtigen“ Gesellschaft
Ein Veteranentag macht nichts anderes. Er soll Anreiz schaffen, selbst zum Helden und als solcher gefeiert zu werden. Es ist ein weiterer Schritt hin zu einer „kriegstüchtigen“ Gesellschaft. Und „Kriegstüchtigkeit“ braucht Nationalismus, so wie Nationalismus „Kriegstüchtigkeit“ benötigt. Beides geht mit der gesellschaftlichen Vorstellung von „Wir“ und „die Anderen“ einher.
Was für ein unverfängliches Selbstverständnis für eine deutsche Gesellschaft – NICHT. Einen Unterschied zwischen „den (echten) Deutschen“ und „den anderen“ zu machen, hat schließlich noch nie zu Vernichtung und Elend geführt und wir wissen ja, dass Deutschland unglaublich verantwortungsvoll mit seinem Heer, äh Wehrmacht, äh Entschuldigung, Bundeswehr umgeht (oder eben auch nicht).
Als Jüdin wird mir schlecht, wenn ich sehe, mit welcher Selbstverständlichkeit das deutsche Volksnarrativ liebkost und aufgepäppelt wird. Der Veteranentag ist nichts anderes als der Ausdruck der autoritären Sehnsucht dieses Landes. Statt Marschmusik sollten eigentlich die Alarmglocken schrillen.