Alkohol und Gespräche halfen Fatih Akin bei der Entscheidung für »Amrum«
Fatih Akin brauchte bei der Frage, was sein nächster Film sein sollte, einiges an Entscheidungshilfe. Das verriet der Hamburger Regisseur nach der Weltpremiere seines neuen Films »Amrum« bei den Filmfestspielen in Cannes. Eigentlich hatte Akins Lehrer und Mentor Hark Bohm »Amrum« selbst drehen wollen. Die Geschichte beruht auf dessen Kindheitserinnerungen, die er 2024 auch als Roman veröffentlicht hat. Bohm wuchs auf der Nordseeinsel Amrum auf und erlebte dort als Sechsjähriger auch das Ende des Zweiten Weltkriegs.
Aufgrund seines hohen Alters – er ist mittlerweile 85 Jahre alt – sah sich Bohm aber nicht mehr in der Lage, eine Verfilmung zu bewältigen, und trug das Filmprojekt an seinen ehemaligen Schüler und jetzigen Freund und kreativen Mitstreiter Akin heran. »Aber ein Film über weiße Leute und über Nazis – sollte ich das wirklich machen?«, sagte Akin in seiner Dankesrede nach der Premiere.
Dann habe er vor zwei Jahren eine Einladung von Cannes-Chef Thierry Frémaux erhalten, das Festival als Gast zu besuchen. Die Zeit in Cannes werde darüber entscheiden, ob er »Amrum« übernehmen werde, wusste Akin. Auf dem Festival habe er dann Freunde mit der Frage belagert, was er machen solle – »teils auch ziemlich betrunken«.
Das Ergebnis war am Donnerstagabend zu sehen: ein feiner, humorvoller, aber auch die Zeiten nicht beschönigender Historienfilm mit der Schauspielentdeckung Jasper Billerbeck als Alter Ego von Bohm. Bohm konnte bei der Premiere nicht anwesend sein, sonst hätte er den großen Applaus, den es für »Amrum« gab, sicherlich genossen.
Aber er war auch so im Kino präsent: In der letzten Szene des Films ist Bohm am Strand von Amrum zu sehen, wortlos in die Weite blickend. Und das erste Bild gehört ihm auch. Sein Freund Akin hat »Amrum« die Worte vorangestellt: »Ein Hark Bohm Film von Fatih Akin«.
Akin mit dem Ensemble von »Amrum« in Cannes
Foto: Benoit Tessier / REUTERS