Nach Gewaltattacke bei „Nakba 77“-Demo: Berliner Polizei durchsucht Wohnungen von Palästina-Aktivisten
Die Polizei hat am Mittwochmorgen in Berlin Wohnungen von mehreren Palästina-Aktivisten durchsucht. Hintergrund sind gewalttätige Angriffe gegen Polizeibeamte auf der Demo „Nakba 77“ am 15. Mai.
Insgesamt durchsuchten die Ermittler fünf Wohnanschriften von zwei Beschuldigten sowie drei Zeugen. Laut Polizei besteht gegen einen 28-Jährigen der Verdacht des Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchter Gefangenenbefreiung.
Gegen eine 29-Jährige besteht nach Auskunft der Ermittlungsbehörden der Verdacht eines Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit versuchter Gefangenenbefreiung. Gegen beide Beschuldigte bestehe derzeit kein Tatverdacht wegen des unmittelbaren körperlichen Angriffs auf den verletzten Polizeibeamten.
Der „Nakba-Tag“
Am 15. Mai 1948 – einen Tag nach der Ausrufung der Unabhängigkeit Israels – griffen fünf arabische Armeen den jungen jüdischen Staat an. Auch deshalb wird die Bezeichnung „Nakba-Tag“ oftmals als antisemitisch bezeichnet. Er markiert auch den Beginn des ersten arabisch-israelischen Krieges.
Seit langem ist der 15. Mai ein Tag, an dem Palästinenser auf die Straße gehen und gegen den Verlust ihrer Heimat protestieren. Dabei kommt es immer wieder zu – teils schwer antisemitischen – Ausschreitungen – sowohl in Israel als auch in anderen Ländern. Israel wirft der Hamas und anderen terroristischen Organisationen vor, den Tag für eigene Zwecke zu instrumentalisieren.
Der Begriff „Nakba-Tag“ wurde 1998 von dem damaligen Palästinenserführer Jassir Arafat geprägt. Er legte das Datum als offiziellen Tag des Gedenkens an den Verlust der palästinensischen Heimat fest. „Nakba“ ist die arabische Übersetzung für „Katastrophe“. Die Amadeu-Antonio-Stiftung schreibt dazu: „Die Nakba-Erzählung ist als antizionistischer Mythos vielfach einseitig und verzerrend. Sie wird genutzt, um Israel zu delegitimieren.“ Schätzungsweise 700.000 Palästinenserinnen und Palästinenser verließen auch durch Flucht oder Vertreibung das Gebiet.
Wie der Tagesspiegel berichtete, wurden bei der sogenannten „Nakba“-Demo mehrere Polizisten verletzt, einer davon schwer. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat die Ermittlungen im Fall des schwer verletzten Beamten übernommen. Nun wurde ein Durchsuchungsbefehl erlassen.
Die Generalstaatsanwaltschaft wertet die Tat als einen „Angriff auf Organe des Rechtsstaats“, wie Sprecher Sebastian Büchner vor einigen Wochen der Deutschen Presse-Agentur sagte. Wegen der Bedeutung des Einzelfalls habe sie das Verfahren übernommen.
Wie NDR und die „Süddeutsche Zeitung“ zuletzt berichteten, soll mittlerweile ein Video aufgetaucht sein, das die Darstellung der Polizei anzweifelt. Auch dieses Video werde in den Ermittlungen berücksichtigt, teilte der Büchner dem Tagesspiegel mit.
An den Durchsuchungen am Mittwoch waren mehr als 60 Einsatzkräfte in mehreren Berliner Bezirken beteiligt. Die Ermittler trafen eine Beschuldigte an und beschlagnahmten mehrere Kommunikationsgeräte sowie weitere Beweise, die die Anwesenheit beider Beschuldigter am Tatort zur Tatzeit belegen sollen. Festgenommen wurde nach Auskunft der Behörde niemand.