Wer nicht ausbildet, soll zahlen: Berliner Unternehmer laufen Sturm gegen neue Umlage

Heftiger Gegenwind für Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD): Beim Frühstück der Industrie- und Handelskammer (IHK) äußerten Unternehmerinnen und Unternehmer ihren Frust über die geplante Ausbildungsplatzumlage.

Die Fronten sind verhärtet, während beide Seiten eigentlich noch gemeinsam daran arbeiten, bis zum Jahresende das selbst gesteckte Ziel von 2000 zusätzlichen Ausbildungsverträgen zu erreichen. Wie im Koalitionsvertrag verabredet, wird parallel schon an einem Gesetz für eine Ausbildungsplatzumlage gearbeitet.

Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der IHK, hält davon nichts. „One fits all über alle Branchen funktioniert nicht“, sagte sie. Zudem würden Unternehmen, die keine potenziellen Auszubildenden fänden, doppelt bestraft: Sie finden niemanden und werden auch noch zur Kasse gebeten.

Auf eine Reihe konkreter Beispiele von Unternehmern antworte Kiziltepe immer wieder, man wolle Unternehmen „nicht quälen“, man wolle sie „belohnen“.

Dieter Mießen, kaufmännischer Leiter eines Tiefbau-Unternehmens, zeigte sich damit nicht zufrieden. Er sei „vollständig enttäuscht“, dass die Senatorin Zahlen und Fakten „überhaupt nicht zur Kenntnis“ nehme, sagte er. Er sehe auch nicht, wie eine Prämie von 2500 pro Ausbildungsplatz als finanzieller Anreiz dienen solle, wenn doch die Kosten für einen Ausbildungsplatz bei rund 25.000 Euro im ersten Ausbildungsjahr lägen. Kiziltepe wies darauf hin, derlei Anliegen könnten bei der Verbändeanhörung eingebracht werden.

BVG rechnet mit Zahlungen von über 600.000 Euro

Ende April hatte die Arbeitsverwaltung einen ersten Gesetzesentwurf für die Umlage vorgelegt. Demnach soll die Umlage bei 0,1 bis 0,4 Prozent der Bruttolohnsumme des jeweiligen Unternehmens liegen. Pro Azubi sollen auszubildende Unternehmen eine bestimmte Summe bekommen. Wie viel genau steht noch nicht fest – im Bundesland Bremen sind es 2250 Euro.

Schreiner nannte das Beispiel der BVG. Diese müsse nach eigenen aktuellen Berechnungen rund 660.000 Euro jährlich in die Umlage einzahlen, obwohl das Unternehmen derzeit nach eigenen Angaben über Bedarf ausbildet. Zum Stand Ende 2024 hatte das Unternehmen über 16.500 Mitarbeiter, davon 483 Azubis. Auf die Beispielrechnung hin entgegnete Kiziltepe: „Wenn ich ausbilde, muss ich keine Umlage bezahlen“. Eine eigene positive Kostenrechnung führte sie als Beispiel nicht an. „Ich nehme Sie beim Wort“, sagte Timo Wille, der Leiter Berufsausbildung bei der BVG.

Aus dem Publikum heraus hieß es, Unternehmen spielten ernsthaft mit dem Gedanken, Berlin als Standort zu verlassen. Weitere Unternehmen, deren Mitarbeiteranzahl knapp über der Grenze liegt, an dem sie künftig Ausbildungsplätze stellen müssten, erwägen zudem, in diesem Fall künftig Mitarbeiter zu reduzieren.

Noch bis Ende des Jahres können sie daran mitwirken, dass die Umlage nicht umgesetzt wird: Wenn Ende 2025 in Berlin insgesamt 34.853 Menschen in Ausbildung sind – 2000 mehr als zwei Jahre zuvor – wird das Projekt ad acta gelegt.