Nach Tweet zum Heizungsgesetz: Münchner Grünen-Politiker wegen Volksverhetzung verurteilt
Sein Fall hatte Aufsehen erregt und hat für den ehemaligen Münchner Stadtrat Bernd Schreyer nun juristische Konsequenzen. Der Grünen-Kommunalpolitiker war nach einem Beitrag in den sozialen Medien wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Nun wurde seine Berufung vom Bayerischen Obersten Landesgericht in München verworfen. Eine Gerichtssprecherin habe dies bestätigt, berichtet die „Welt“.

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Die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 70 Euro (insgesamt 4200 Euro) ist damit rechtskräftig. Doch dem Bericht zufolge will Schreyer noch nicht aufgeben – und sich an das Bundesverfassunsgericht wenden.
Ich wollte vor der massiven Hetze gegen grüne Politik warnen, die seit 2021 eskalierte: Fake-Kampagnen, Aufrufe zur Gewalt und Mord, antisemitische Verschwörungserzählungen über eine angeblich global agierende Klima-Elite.
Bernd Schreyer, ehemaliger Münchner Stadtrat (Grüne)
Was war passiert? In der Debatte um das Gebäude-Energie-Gesetz des damaligen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne), umgangssprachlich als Heizungsgesetz bekannt, hatte der damalige Stadtrat im Juni 2023 auf Twitter (heute X) gepostet: „Obwohl es nie ein Heizungsverbot gab, ist es gelungen, so gegen Grüne aufzuwiegeln, als seien sie die ‚neuen Juden‘, die ‚ausgemerzt‘ werden müssen, um Deutschland wieder alles Glück und Wohlstand zu bringen.“
Dies wurde als Verharmlosung des Holocaust gewertet. Weil Schreyer Widerspruch gegen einen entsprechenden Strafbefehl einlegte, wurde er zunächst vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt. In der nächsten Instanz verhängte das Landgericht München I 60 Tagessätze zu je 70 Euro, also in Summe 4.200 Euro.
Im Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts zur nun abgelehnten Revision heißt es dem Bericht zufolge: „Die Verfolgung und massenhafte Ermordung europäischer Juden entspricht in ihrer Ungeheuerlichkeit nicht einmal im minimalsten Ansatz den vom Angeklagten als Tatsache behaupteten Anfeindungen, denen sich Grüne gegenübersehen. Deshalb ist die vom Angeklagten geäußerte Wertung, die Grünen seien die ‚neuen Juden‘ auch gänzlich unangemessen.“
Schreyer hatte sein Mandat zurückgegeben, sich ausdrücklich von der Äußerung distanziert und sie bedauert. Nun sagte er der Zeitung: „Mein Tweet stellte einen Vergleich zur Judenverfolgung im 18. und 19. Jahrhundert her, als Juden als Bedrohung für Gesellschaft und Staat stigmatisiert wurden. Ich wollte vor der massiven Hetze gegen grüne Politik warnen, die seit 2021 eskalierte: Fake-Kampagnen, Aufrufe zur Gewalt und Mord, antisemitische Verschwörungserzählungen über eine angeblich global agierende Klima-Elite.“
Schreyers Rechtsanwalt beruft sich auf Meinungsäußerungsfreiheit
Schreyers Rechtsanwalt Jerzy Montag sagte: „Der Tweet von Herrn Schreyer ist von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt.“ Man müsse den Sachverhalt „schon sehr zurechtbiegen“, um darin eine Verharmlosung des Holocaust zu erkennen, sagte der Richter am bayerischen Verfassungsgerichtshof und ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete weiter. „Die Revisionsentscheidung ist nicht nachvollziehbar, berücksichtigt die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht und deswegen werden wir Verfassungsbeschwerde einlegen.“
Der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Justiz, Oberstaatsanwalt Andreas Franck, begrüßte dagegen die Entscheidung. „Der Beschluss macht deutlich, dass die Grenzen der Meinungsfreiheit erreicht sind, wenn die in der öffentlichen Diskussion oft gewählte Gleichsetzung des Holocaust mit als unliebsam empfundenen Ereignissen bemüht wird“, sagte er der „Welt“. (lem)