„Das ist schlicht unfair“: Das sagen deutsche Boxerinnen zum Ausschluss von Imane Khelif und den Geschlechtstests

Ab dem 1. Juli müssen alle Boxerinnen und Boxer, die an einem internationalen Wettbewerb teilnehmen wollen, vorher einen Geschlechtstest durchführen. Das entschied der Weltverband World Boxing kürzlich im Rahmen der Richtlinie „Sex, Age and Weight“.

Hintergrund ist der Fall Imane Khelif. Der algerischen Boxerin, die bei den Olympischen Spielen Gold geholt hatte, war vorgeworfen, trans zu sein und körperliche Vorteile zu haben, was eine Hetzkampagne sondergleichen losgetreten hatte. Dass sie tatsächlich trans oder intergeschlechtlich ist, wurde von offizieller Seite zwar nie bestätigt, trotzdem stellt sich die Frage, wie mit diesen Menschen im Boxen künftig umgegangen werden soll.

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World Boxing hat mit den Geschlechtstests nun eine Antwort gefunden. Nina Meinke, deutsche Profiboxerin im Federgewicht, hält die Entscheidung für „genau richtig“. „Ich finde es ein Unding, dass das überhaupt passieren konnte“, sagt sie über den Fall Khelif.

„Jeder soll so leben, wie er oder sie sich fühlt. Aber im Kampfsport kann es gefährlich werden. Im schlimmsten Fall wird die Gesundheit der Sportlerinnen gefährdet, wenn jemand antritt, der deutlich stärker ist und körperliche Vorteile hat.“ Das sei unfair für alle Frauen, die viele Jahre auf die Olympischen Spiele hingearbeitet hätten.

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Nina Meinke bei der WM in Hamburg 2024

© IMAGO/Torsten Helmke

Anders sei es beispielsweise im Schach, wo es nicht auf körperliche Voraussetzungen ankommt. Da kann Meinke, die im vergangenen Jahr Weltmeisterin wurde, nicht verstehen, weshalb trans Frauen aus der Frauenkategorie ausgeschlossen werden.

Sie meint: Damit im Boxen nicht noch einmal eine „Riesendiskussion“ wie in Paris entbrennt, bräuchte es klare Regeln. Anstatt, dass trans Frauen bei den Frauen antreten, schlägt Meinke eine eigene Kategorie für trans Personen vor.

So wird es auch im Schwimmen gehandhabt, seit um die trans Schwimmerin Lia Thomas aus den USA eine heftige Debatte entbrannt war. Dort wurde vor dem Schwimm-Weltcup 2022 in Berlin eine offene Kategorie für trans und nicht-binäre Personen eingeführt – allerdings erfolglos: Beim Turnier trat niemand in dieser Kategorie an. Ob das im Boxen anders wäre, ist fraglich.

Keiner sollte so fertig gemacht werden.

Nina Meinke über die Hetzkampagne gegen Imane Khelif

In den neu eingeführten Geschlechtertests sieht Meinke indes kein Problem. Sie vergleicht das Ganze mit Dopingtests, die schließlich auch notwendig seien. „Mich schränken die Tests nicht ein. Wenn sie dazu beitragen, den Sport fairer zu gestalten, ist das so.“

Den Umgang mit Khelif verurteilt Meinke jedoch. Sie kritisiert die vielen Hasskommentare in den sozialen Medien und die aufgeheizte Stimmung gegen die algerische Boxerin, die insbesondere von Elon Musk und Donal Trump befördert wurde. „Mir tut es leid für Imane. In ihrer Haut möchte ich nicht stecken, die Zeit muss schrecklich gewesen sein. Keiner sollte so fertig gemacht werden.“

Im Ring muss es aus Gründen der Fairness Unterschiede geben.

Nikki Adler

Ähnlich sieht das die sechsmalige Boxweltmeisterin Nikki Adler. Sie bezeichnet die Tests als „absolut sinnvoll und richtig“, da sie Chancengleichheit im Sport gewährleisten würden. „Außerhalb des Wettkampfes ist jeder Athlet, der sich als Frau versteht, für mich ein selbstverständlicher Teil der Gesellschaft. Im Ring muss es aus Gründen der Fairness Unterschiede geben.“

Die Entscheidung des Weltverbandes zeuge für sie „von Respekt für all die Boxerinnen, die sich jahrelang vorbereiten und auf dem Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere bei den olympischen Spielen dann gegen eine Konkurrentin antreten sollen, die Muskeln wie ein Mann hat.“

Nikki Adler wurde schon mehrmals Weltmeisterin.

© imago/Marianne Müller

Auch den Ausschluss von Imane Khelif beim Box-Weltcup in Eindhoven findet sie gerechtfertigt. Sie selbst habe viele Jahre im Supermittelgewicht geboxt und 95 Prozent ihrer Karriere mit Männern trainiert. „Man spürt den Unterschied, ganz gleich wie stark man selbst ist. Im Wettkampf ist das schlicht unfair.“

Adler kann den Traum von Imane Khelif zwar nachvollziehen und die Algerierin sollte auch weiterhin boxen dürfen, „aber dann in einer eigenen Liga, in der alle Geschlechter zugelassen sind und alle wissen, worauf sie sich einstellen können und müssen.“

Genau wie Meinke hat Adler kein Problem damit, sich vor internationalen Wettbewerben künftig einem Geschlechtstest zu unterziehen. Vor jedem Turnier müssten sie und ihre Kolleginnen ohnehin einen negativen Schwangerschaftstest vorlegen. „Der Frauenarzt kann sicher ein Kreuz mehr machen.“ 

Mit Blick auf die Olympischen Spielen ist der Umgang mit dem Thema indes ganz unterschiedlich, denn ds IOC überlässt die Entscheidung, wer in der Frauenkategorie starten darf, den Weltverbänden. In der Leichtathletik beispielsweise werden trans Frauen generell ausgeschlossen, im Schwimmen müssen sie einen bestimmten Testosteronwert unterschreiten.