Nach fast zehn Jahren Planung: Umbau der Kreuzberger Oranienstraße abgesagt
Die Oranienstraße symbolisiert nicht nur das noch halbwegs authentische Kreuzberg, sondern auch die typischen Probleme des Berliner Straßenverkehrs: Zu wenig Platz für Fußgänger, keine brauchbare Infrastruktur für den Radverkehr und trotz eigentlich sehr breiter Fahrbahnen Dauerstau durch Zweite-Reihe-Parker, in dem auch die BVG-Busse stecken.
Tagesspiegel-Leser kürten die Strecke zwischen Moritzplatz und Görlitzer Bahnhof vor Jahren zur „Radfahrerhölle“. Und auch die berüchtigte „Rudelbildung“ der M29er-Busse findet vor allem auf diesen chaotischen 1,1 Kilometern statt.
Seit fast zehn Jahren ist geplant, die Straße umzubauen für mehr Aufenthaltsqualität und weniger Stau. Hauptsächlich sollte das durchs Heraushalten des Auto-Durchgangsverkehrs erreicht werden, der allen anderen Verkehrsteilnehmern mehr Platz und besseres Vorankommen ermöglichen würde.
Doch jetzt wurde bekannt, dass daraus nichts wird: Auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen teilt der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit, die Umgestaltung der Oranienstraße habe sich „leider als momentan nicht realisierbar herausgestellt und wird vom Bezirksamt aktuell nicht weiterverfolgt“.
Nur am Oranienplatz gibt es auf wenigen Metern einen breiten Radweg
Die Planungen hatten schon 2016 begonnen. 2018 wurde ein Verkehrskonzept erarbeitet, 2020 die Öffentlichkeit beteiligt. Die Umsetzung sollte 2022 starten und in diesem Jahr abgeschlossen sein. Doch die einzige praktische Verbesserung findet sich am Oranienplatz, wo auf wenigen Metern breite Radwege und Haltebuchten für die Busse angelegt wurden. Alles andere – Begrünung, Fahrradstellplätze, Aufenthaltsflächen und breitere Gehwege – kommt nicht.
Nach Auskunft des Bezirksamtes ergaben sich während der Planungen ab 2019 „neue Ansprüche und Anforderungen“, etwa zu Denkmalschutz und Regenwassermanagement. Für die Befreiung vom Durchgangsverkehr hätte die Straße außerdem formal aus dem übergeordneten Netz genommen werden müssen. Das Bezirksamt habe bisher nicht nachweisen können, dass sich dieser Eingriff mit dem umliegenden Straßennetz vertrage. Haushaltskürzungen gaben dem Projekt dann den Rest.
Das bisher ausgegebene Geld summiert sich nach Auskunft des Bezirks auf 276.000 Euro. Bewilligt habe der Senat in mehreren Etappen sogar 690.000 Euro: 2019 zunächst 240.000 Euro aus Mitteln des städtebaulichen Denkmalschutzes für die Erstellung der Planungsunterlagen. 2023 seien für denselben Zweck 350.000 Euro aus dem Programm „Lebendige Zentren und Quartiere“ bewilligt worden.
Nach deren weitgehendem Verfall seien Ende 2024 „zur Begleichung offener Schlussrechnungen der Auftragnehmenden“ weitere 100.000 Euro aus demselben Programm bewilligt worden. Planungsbüro und Projektsteuerer seien über das Ende des Vorhabens informiert worden.