Personal-Coup für Berliner Justiz: Brandenburgs Ex-Ministerin Susanne Hoffmann wird Staatssekretärin
Diese Entscheidung dürfte in der Berliner Landespolitik und in der Justiz Aufsehen erregen – bis hin zu Schockwellen oder aber Erleichterung in den Gerichten und bei der Staatsanwaltschaft. Nach Tagesspiegel-Informationen hat Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) sich für eine Nachfolgerin für die bisherige Staatssekretärin Esther Uleer entschieden.

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Uleer steuert nun auf Wunsch von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) als stellvertretende Chefin die Verwaltung des Bundespresseamts. Neue Staatssekretärin im Rang einer Amtschefin bei der Senatsjustizverwaltung, zuständig für Zentrales und Verbraucherschutz, soll Susanne Hoffmann werden – Brandenburgs frühere Justizministerin von der CDU.

© privat/Stiftung HSH
Hoffmann, geboren 1960 in Berlin, die an der Freien Universität Jura studierte, ihre Justizkarriere in der Hauptstadt als Staatsanwältin im Bereich organisierte Kriminalität begann, war die erste Frau im Amt der Generalstaatsanwältin in Brandenburg. Die Personalie dürfte in der Berliner Justiz für Zündstoff sorgen, sprichwörtlich ist sie ein Fall für: „Man sieht sich immer zwei Mal im Leben.“
Die Brisanz: Hoffmann trifft nun auf ihre frühere Kontrahentin im Streit um den Posten der Generalstaatsanwältin in Berlin. Margarete Koppers, einst Richterin, damals Polizeivizepräsidentin, Grünen-nah, war 2017 vom damaligen Justizsenatorin Dirk Behrendt (Grüne) ausgewählt und 2018 ins Amt gehoben worden. Mit einigen Verfahrenstricks war Hoffmann damals ausgebootet worden.
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© Britta Peders / dpa
Dass Koppers trotz eines Ermittlungsverfahrens wegen der Schießstandaffäre bei der Polizei, die Todesopfer und zahlreiche geschädigte Beamte hinterließ, zur Generalstaatsanwältin befördert wurde, ließ nicht wenige Polizisten am Rechtsstaat zweifeln. Für Koppers galt nicht, was für kleine Beamte üblich ist.
Die Grünen lobten sich damals für ihre Kehraus-Aktion bei den Spitzenposten mit den Worten: „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht. Bei der Feuerwehr, der Polizei, der Generalstaatsanwaltschaft und auch beim Verfassungsschutz.“
Dass ausgerechnet Hoffmann nun Staatssekretärin in Berlin wird, ist auch eine Ansage von Senatorin Badenberg. Schon Uleer, die vormals in führender Position im Bundespräsidialamt tätig war, brachte frischen Wind in die jahrzehntelang als unregierbar geltende Justizverwaltung. Mit der Erfahrung mit Standards auf Bundesebene machte Uleer Schluss mit gewachsenen parteipolitischen Machtstrukturen in der Verwaltung und stellte die Abteilungen neu auf.
Hoffmann startete als „junge, rebellische Staatsanwältin“
Nun soll Hoffmann den Job übernehmen. Ausgerechnet eine Berlinerin, die als Konservative – damals noch ohne Parteibuch – mit den Verhältnissen in ihrer Heimatstadt gehadert, es mit ihrer konservativen Ausrichtung im roten Berlin nicht immer leicht hatte und deshalb ihren Weg in Brandenburg machte. Eine „junge, rebellische Staatsanwältin, die es nicht immer allen leicht gemacht hat“, sagte sie mal über sich selbst. Gerade die „wilde Zeit“ nach dem Mauerfall, der Kampf gegen die Russenmafia, sei spannend gewesen.
Hoffmann gilt als äußerst durchsetzungsstark, gerade bei unpopulären Entscheidungen und starken Widerständen. In Brandenburg schloss sie Nebenstellen von Arbeitsgerichten. Berliner Anwälte loben den Grad der Digitalisierung an den Gerichten in Brandenburg. Der Präsident des Landgerichts Potsdam, Holger Matthiessen, lobte im Januar: „Die Justiz in Brandenburg hatte unter der Ministerin Susanne Hoffmann eine gute Zeit.“ Grund: Zahlreiche eingestellter Richternachwuchs.
Diese Aufgaben hat Hoffmann vor sich
In Berlin hat Justizsenatorin Badenberg noch einiges vor: Das von den Grünen einst durchgesetzte Tierschutzverbandsklagegesetz und das Saubere-Küchen-Gesetz sollen abgeschafft werden. Dann soll der Verfassungsgerichtshof von Berlin resilienter gegen Einflüsse der AfD und andere Extremisten gemacht werden, schließlich die harten Haushaltsverhandlungen in Zeiten des Sparkurses, die Digitalisierung, einige Spitzenposten müssen neu besetzt werden.
Es gab noch mehr Kandidaten, Badenberg konnte auswählen, doch sie entschied sich für Hoffmann. Für beide ist das eine Herausforderung, denn einst waren sie Amtskolleginnen, ranggleich. Hoffmann ordnet sich nun ein und unter – auch das ist keine Selbstverständlichkeit. Ihr Vorteil: Sie kann sofort loslegen, kennt das Handwerk, weiß Verwaltungen zu führen und ist mehr als firm in den Justizthemen.
Die langen Linien der Justiz und das Erbe von Erardo C. Rautenberg
Auch weiß Hoffmann um die langen Linien in der Justiz. Sie trat 2019 in Brandenburg – als das Justizressort in einer rot-roten Koalition von den Linken geführt wurde – in die Fußstapfen des bundesweit hochgeachteten Generalstaatsanwalts Erardo C. Rautenberg. Zuvor war sie, ausgerechnet die Konservative, ab 2005 ständige Vertreterin des Sozialdemokraten, leitete ab 2008 verschiedene Abteilungen im Justizministerium in Potsdam.
Der Name Rautenberg ist hierbei keine Kleinigkeit. In den neuen Bundesländern machte der Staatsanwalt sich in den Baseballschlägerjahren von Brandenburg aus als Nazijäger einen Namen. Den Kampf gegen den gewalttätigen Rechtsextremismus erklärte er zur patriotischen Pflicht, dem Nationalismus hielt er den Patriotismus der Demokraten entgegen.

© Thilo Rückeis
Rautenberg hatte aber auch maßgeblich dazu beigetragen, dass Generalstaatsanwälte seit 2010 keine politischen Beamten mehr sind, die jederzeit in den Ruhestand geschickt werden können, nur weil sie etwa unliebsame Ermittlungen gegen Regierungsmitglieder führen.
Den Rechtsstaat zu verteidigen – als Demokraten, unabhängig von ihren politisch unterschiedlichen Präferenzen: Das einte sie. Bei ihrer Rede zur Amtseinführung als Generalstaatssekretärin 2019 nannte Hoffmann den Kampf gegen Rechtsextremismus denn auch zuerst als Aufgabe.
Und ihre neue Chefin war bis 2023 Vizepräsidentin des Bundesamtes für Verfassungsschutzes, leitete dort die Bereiche Rechtsextremismus und Terrorabwehr, verantwortete, dass die AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wurde.
Nur warum tut sich Hoffmann, die Ex-Ministerin aus Brandenburg, nun Berlin an? Sie mag den Stillstand nicht. Nach der Landtagswahl in Brandenburg im September hätte Hoffmann auch schon in den Ruhestand gehen können. Aber sie wollte nicht, sie wollte arbeiten, im besten Verständnis dem Land dienen. Weiter Bezüge bekommen, aber nichts dafür zu tun – das lag ihr nicht.
So wurde sie in der neuen Koalition von Sozialdemokraten und BSW von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Abteilungsleiterin im Bildungsressort, reihte sich in die dritte Reihe ein. Nun kehrt Hoffmann in die Berliner Justiz zurück – dorthin, wo sie angefangen hat.