Zur Sicherung der Renten: Wirtschaftsweise lobt Idee für „Boomer-Soli“ – Steuerzahlerbund winkt ab
Der Vorschlag von Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) einen „Boomer-Soli“ vor, um die durch den Eintritt geburtenstarker Jahrgänge in den Ruhestand strapazierten Rentenkassen zu entlasten, wird von Experten unterschiedlich bewertet. Während die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer die Idee grundsätzlich lobte, kritisierte der Steuerzahlerbund den Vorschlag scharf.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages — morgens direkt in Ihr E-Mail-Postfach.
Nach der Idee der DIW-Experten könnten die Renten so stabilisiert werden, ohne die Jüngeren direkt mehr zu belasten. Zuerst hatte der „Spiegel“ über den Vorstoß berichtet. Über den DIW-Wochenbericht berichtet auch die Deutsche Presse-Agentur.
Die Rentenlast der Babyboomer kann nicht allein der immer kleineren Zahl von jungen Beitragszahlern aufgebürdet werden.
Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft der Regierung
Die Baby-Boomer der 50er und 60er Jahre gehen jetzt nach und nach in den Ruhestand. Das umlagefinanzierte Rentensystem in Deutschland gerät dadurch zunehmend unter Druck, betonen die Experten des Berliner Instituts.
Das Institut macht in seinem Wochenbericht zwei Reformvorschläge, die zu einer Umverteilung innerhalb der älteren Generationen führen würden.
Der „Boomer-Soli“, eine Sonderabgabe auf alle Alterseinkünfte ab einer gewissen Höhe, wäre unmittelbar umsetzbar. Die Einnahmen sollten nicht in den allgemeinen Bundeshaushalt fließen, „sondern in ein Sondervermögen, das für die Umverteilung der Alterseinkünfte geschaffen wird und nur für deren Zweck verwendet werden darf“. Vorgeschlagen werden Freibeträge, vor allem das oberste Einkommensfünftel würde belastet.
Der andere Vorschlag: Rentenanwartschaften könnten umverteilt, also niedrige Renten auf- und höhere abgewertet werden. Das ließe sich aber nur langfristig realisieren.
„Die Politik wird in den kommenden Jahren bei der Rente mutige und weitreichende Reformen umsetzen müssen“, schreiben die DIW-Fachleute. Die Sicherungsfunktion der Rente zu erhalten, den Lebensstandard im Alter zu garantieren und gleichzeitig die Finanzierung zu stemmen, bedeute große finanzielle Herausforderungen. Eine Sonderabgabe auf alle Alterseinkünfte könnte dabei ein wichtiger Baustein sein.
Die Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft (SVR) der Reguerung, Monika Schnitzer, hat den Vorschlag, eine Sonderabgabe für vermögendere Rentner einzuführen, gelobt. Richtig sei der Grundgedanke, sagte Schnitzer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die Rentenlast der Babyboomer kann nicht allein der immer kleineren Zahl von jungen Beitragszahlern aufgebürdet werden, die Babyboomer-Generation selbst muss einen Beitrag dazu leisten“, erklärte die Wirtschaftsweise und Top-Ökonomin weiter.

© dpa/Kay Nietfeld
Das Sachverständigenrat hatte den Vorschlag, zwischen Rentnern umzuverteilen, in seinem Rentengutachten vor zwei Jahren selbst gemacht. Der DIW-Vorschlag einzuführen, sei aber „umfassender als unser Vorschlag“, so die Wirtschaftsweise. Tatsache sei, dass die Lebenserwartung steige. Hinzu komme, dass schon seit den 1970er Jahren die Zahl der Kinder zu klein sei, um die Bevölkerung konstant zu halten.
Dieser Vorschlag erstickt jede Motivation für mehr Einsatz im Keim – vor allem bei Fachkräften, die unsere Wirtschaft so dringend braucht.
Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisierte den Vorschlag eines „Boomer-Solis“ scharf. Es sei zwar richtig, sich über den Generationenvertrag in der Rentenversicherung und über die Lastenteilung zwischen Jung und Alt Gedanken zu machen, sagte BdSt-Präsident Reiner Holznagel den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Aber ein weiteres Umverteilungssystem innerhalb der Rentenversicherung? Einen solchen Vorschlag halte ich für verfehlt!“, so Holznagel weiter.
„Ein Boomer-Soli würde nur falsche Anreize setzen und wäre mal wieder ein schlechter Versuch, das bewährte und faire Äquivalenzprinzip in der Rentenversicherung aufzubrechen, wonach sich Einzahlungen in die Rentenkasse leistungsgetreu in den Rentenansprüchen widerspiegeln“, sagte der Steuerzahler-Interessenvertreter.
Rentenkommission soll langfristige Vorschläge machen
Holznagel warnt auch vor Folgen mit Blick auf das Engagement bei der privaten Altersvorsorge. „Dieser Vorschlag erstickt jede Motivation für mehr Einsatz im Keim – vor allem bei Fachkräften, die unsere Wirtschaft so dringend braucht“, sagte er. Holznagel sagte weiter, dass sei kein Boomer-Soli, sondern ein Verhinderungs-Soli „Mehr noch: Auch bei der Altersvorsorge würde die von der Politik eingeforderte Eigeninitiative abgewürgt!“
Nun sei stattdessen wichtig, die gesetzliche Rente zu stabilisieren. Dafür sei es nötig, dass die Politik von ihren aktuellen Projekten Abstand nehme. „Nein zum statischen Rentenniveau, nein zur erweiterten Mütterrente!“, forderte Holznagel.
Union und SPD wollen in den nächsten Wochen unter anderem eine künftige Absicherung des Rentenniveaus für die kommenden Jahre auf den Weg bringen.
Dann soll sich eine neuerliche Rentenkommission Gedanken über die Zukunft machen. Die Einsetzung einer solchen Kommission hatten die Koalitionspartner in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. (lem)