„Ernennung löst maximale Verwunderung aus“: Warum es Kritik an der neuen Tierschutzbeauftragten des Bundes gibt

Der Vorschlag von Landwirtschaftsminister Alois Rainer, seine Staatssekretärin Silvia Breher zur neuen Tierschutzbeauftragten der Bundesregierung zu ernennen, sorgt für massive Kritik. Der Posten sei damit nicht mehr unabhängig, bemängelten Tierschutzorganisationen. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Zoe Mayer sprach von einem „herben Rückschlag“ für den unabhängigen und glaubwürdigen Tierschutz in Deutschland.

Vorschlag des Ministers

Der CSU-Politiker Rainer hatte angekündigt, sich von der bisherigen Tierschutzbeauftragten Ariane Kari zu trennen, die sein Vorgänger Cem Özdemir (Grüne) 2023 bestellt hatte. Dies hatte bereits Kritik ausgelöst. Nun schlägt der Minister vor, dass die CDU-Politikerin Breher die Nachfolge antreten soll - das Kabinett muss dies noch beschließen. Breher ist in Personalunion auch Parlamentarische Staatssekretärin beim Landwirtschaftsministerium. Sie ist zudem stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende.

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Breher ist nach eigenen Angaben auf einem Bauernhof aufgewachsen. Seit 2017 vertritt die Juristin als direkt gewählte Bundestagsabgeordnete den Wahlkreis Cloppenburg-Vechta in Niedersachsen. Breher sagte laut Mitteilung des Ministeriums, sie sehe es als große Verantwortung und zugleich als „Herzensanliegen“, sich künftig auch in ihrer neuen Funktion für das Wohl der Tiere einzusetzen.

Minister verweist auf Haushaltslage

„Mir ist bei der Neubesetzung dieser Funktion besonders wichtig, dass sie sinnvoll in bestehende Strukturen eingebettet ist, ohne neue Bürokratie aufzubauen“, sagte Rainer. Zugleich werde auf eine Lösung geachtet, die mit der aktuellen Haushaltslage vereinbar ist, ohne zusätzliche Belastung des Bundeshaushaltes. Die Ministerien sind angehalten, zu sparen. Zugleich ist im Koalitionsvertrag von Union und SPD von einer Halbierung der Beauftragten des Bundes die Rede.

Rainer sagte, mit Breher gewinne der Tierschutz in Deutschland eine „starke Stimme“ auf Bundesebene. „Als engagierte, fachlich versierte und politisch erfahrene Bundestagsabgeordnete bringt sie genau die Kombination aus Sachverstand, Augenmaß und Gestaltungskraft mit, die es braucht, um den Tierschutz weiter voranzubringen.“

Bisherige Beauftragte war von Rainers Vorgänger Özdemir bestellt

Im Juni 2023 wurde erstmalig das Amt einer unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Tierschutz geschaffen. Die Tierärztin Kari war zuvor stellvertretende Landestierschutzbeauftragte in Baden-Württemberg. Die Tierschutzbeauftragte soll „politisch und fachlich unabhängig“ arbeiten, wie es in einem Tätigkeitsbericht heißt. Sie soll bei der Gesetzgebung in Tierschutzbelangen mitwirken, Missstände beim Umgang mit Tieren bekämpfen und Ansprechpartnerin für Organisationen und Bürger sein. Dazu wird sie von einer Geschäftsstelle unterstützt.

Große Kritik an neuer Beauftragten

„Die Ernennung von Silvia Breher als Bundestierschutzbeauftragte löst bei uns maximale Verwunderung aus“, sagte der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder. Nach bisheriger Amtsbeschreibung solle die Beauftragte unabhängig beraten. „Die Parlamentarische Staatssekretärin ist qua Amt zuständig für Tierschutz. Wie soll das also gehen? Frau Breher wird wohl kaum mit sich selbst beraten können. Die Unabhängigkeit als bisher zentrale Stellenanforderung wird so ad absurdum geführt.“

Die Tierschutzstiftung Vier Pfoten kommentierte, mit der Ernennung von Breher gehöre die Unabhängigkeit des Amtes der Vergangenheit an. In ihrer Funktion als Staatssekretärin müsse sie selbstredend die Positionen des Ministeriums und des Ministers vertreten und könne keine unabhängige Stimme für die Tiere sein.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Mayer sagte: „Nach dem mutigen und kompetenten Einsatz von Ariane Kari, der ersten Tierschutzbeauftragten überhaupt, wird die Stelle nun intern mit einer Parteifreundin von Bundesminister Rainer besetzt – ausgerechnet aus Vechta, einem Zentrum der industriellen Tierhaltung, wo sie zuvor als Geschäftsführerin des landwirtschaftlichen Interessenverbands Landvolk tätig war.“ Statt eine unabhängige Expertin mit Fachkompetenz zu stärken, degradiere das Ministerium diese wichtige Rolle nun zu einem parteipolitischen Posten. (dpa)