„Wir dürfen uns nie an Kriegsgräuel gewöhnen“: Merz gibt Regierungserklärung zu Nato- und EU-Gipfel ab
Bundeskanzler Friedrich Merz hat zu Beginn seiner Regierungserklärung eine französische Kriegsfotografin zitiert. „Man gewöhnt sich nie an Gräuel“, sagt der CDU-Politiker bei seiner Rede im Deutschen Bundestag. Diesen Satz müsse man als Auftrag verstehen: „Wir dürfen uns nie an Kriegsgräuel gewöhnen.“ Dann spricht Merz über die aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten.
„Wir brauchen zugleich Stärke und Verlässlichkeit nach innen und nach außen“, sagt Merz. Das seien die Zielvorgaben, mit denen sich die neue Regierung an die Arbeit gemacht habe. Dabei verweist der Kanzler auf das Investitionssofortprogramm und die unmittelbaren Maßnahmen beim Thema Migration. Beides würde von den anderen EU-Staaten begrüßt.
Verfolgen Sie die Rede des Kanzlers und die Aussprache hier im Livestream:
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Naher Osten: Merz ruft Israel und Iran zu Waffenstillstand auf
Anschließend berichtet Merz vom jüngsten G7-Gipfel in Kanada und dem dort bestimmende Thema – der Eskalation des Konfliktes zwischen Israel und Iran. „Israel hat ein Recht darauf, seine Existenz und die Sicherheit der Bürger zu verteidigen“, sagt der Kanzler. Er hoffe, dass das Vorgehen Israels und der USA in den vergangenen Tagen, den Iran dauerhaft von seinem Ziel der Zerstörung Israels abbringe. US-Präsident Trump hat in der Nacht zu Dienstag eine Waffenruhe zwischen den beiden Ländern verkündet.
„Wir rufen sowohl Iran als auch Israel auf, diesem Aufruf zu folgen“, sagt Merz. Israel warf den Mullahs am Dienstagvormittag vor, diese bereits gebrochen zu haben. Dazu sei es nun an der Zeit, einen Waffenstillstand in Gaza zu schließen. Das israelische Militär setzte seine Angriffe auf den Küstenstreifen in den letzten Tagen fort.
Ukraine: Merz geht auf Forderungen nach mehr Diplomatie ein
Nach zwölf Minuten kommt der Kanzler auf den zweiten großen Konflikt zu sprechen – den russischen Krieg gegen die Ukraine. Der CDU-Politiker verurteilt, dass Russlands Präsident Putin die Luftangriffe in den vergangenen Tagen weiter intensiviert habe. Man habe alles versucht, Russland wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Ohne es direkt auszusprechen, geht der Kanzler dann auf das Manifest einiger SPD-Politiker ein, in dem diese mehr Diplomatie und Gespräche mit Russland fordern. „Ein echter, ein dauerhafter Frieden, setzt Friedensbereitschaft von allen Seiten voraus.“
Russland habe mit seinen jüngsten „barbarischen“ Angriffen gezeigt, dass es diese Bereitschaft aktuell nicht habe. „Es ist nicht die friedensschaffende Lösung, der Aggression nachzugeben und das eigene Land aufzugeben“, sagt Merz und fügt später hinzu: „Putin versteht nur die Sprache der Stärke.“ Friedensarbeit bedeute, nun in dieser Sprache zu sprechen.
USA: Merz strebt Lösung im Zollstreit bis Juli an
Den anstehenden Gipfel in Den Haag nennt Merz historisch. Dort soll es vor allem auch um die deutliche Ausweitung der Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung gehen. US-Präsident Donald Trump fordert diesen Schritt von den Nato-Partnern seit Jahren. Merz widerspricht, dass man nun Trump gefällig sein. „Wir tun das aus eigener Überzeugung“, sagt er. Dann wiederholt der Kanzler sein Ziel, die Bundeswehr zu stärksten konventionellen Armee Europas machen zu wollen.
Über die europäische Wettbewerbsfähigkeit kommt Merz anschließend auf den Zollkonflikt mit den USA zu sprechen. In Verhandlungen mit der USA versucht die EU-Kommission aktuell eine Erhöhung der US-Zölle und entsprechende europäische Gegenmaßnahmen zu verhindern. „Zölle nutzen niemandem, sie schaden allen“, sagt Merz. Bis Anfang Juli wolle man mit Trump zu einer Lösung kommen. Sollte das nicht gelingen, sei man vorbereitet: „Die EU kann und sie wird ihre Interessen verteidigen.“
Zum Schluss geht Merz auf innenpolitische Vorhaben seiner Regierung ein. Darunter sind der Haushalt, das Investitionssofortprogramm, Milliarden für die Infrastruktur und die Abschaffung des Bürgergelds. Die vergangenen Wochen haben Merz nach eigener Aussage zumindest ein wenig zuversichtlich gestimmt. „Wir können die Probleme aus eigener Kraft heraus bewältigen.“ Ganz zum Schluss gibt der Kanzler ein Versprechen ab: „Wir arbeiten in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren sehr hart dafür, dass Deutschland zu seiner Stärke zurückfindet – nach innen wie nach außen.“ Mit diesem Leitmotiv wolle er Deutschland in Den Haag und Brüssel vertreten.
Nato- und EU-Gipfel in Den Haag und Brüssel
Die Rede am Dienstagmittag im Deutschen Bundestag ist seine zweite Regierungserklärung. Am Nachmittag geht es für Merz Richtung Niederlande. In Den Haag kommen am 24. und 25. Juni die Staats- und Regierungschefs der Nato zusammen.
Eigentlich soll es bei dem Treffen vor allem um die geplante und maßgeblich von US-Präsident Donald Trump geforderte Erhöhung der Verteidigungsausgaben sowie den Ausbau der militärischen Fähigkeiten der Nato-Partner gehen. Nun dürfte auch die Eskalation im Nahen Osten auf der Tagesordnung stehen.
Im Anschluss geht es für die EU-Vertreter aus der Runde weiter nach Brüssel. Am 26. und 27. Juni treffen sie im Rahmen des Europäischen Rates mit dessen Präsidenten António Costa sowie EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen. Neben den oben genannten Themen soll es dort auch um die Unterstützung für die Ukraine, Wettbewerbsfähigkeit und Migration gehen.