„Keine Probleme an deutschen Grenzen“: Dobrindt setzt bei verschärften Kontrollen auf Domino-Effekt
Die neue schwarz-rote Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte direkt nach Amtsübernahme einen verschärften Kurs in der Migrationspolitik eingeleitet. Der neue Innenminister Alexander Dobrindt hatte wenige Stunden nach seinem Amtsantritt Anfang Mai eine Intensivierung der Grenzkontrollen angeordnet, gleichzeitig ordnete er an, dass auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können.
Die Bundespolizei hatte daraufhin ihre Präsenz an den Landesgrenzen massiv verstärkt – und vor massiver Überlastung gewarnt.
Der neue Kurs in der Asylpolitik hatte – auch in Nachbarstaaten – teils heftige Kritik ausgelöst. Merz und Dobrindt hatten stets betont, die verschärfte Gangart sei mit den europäischen Partnern abgesprochen – ohne dies näher zu erläutern.
Unsere Nachbarn müssen eben auch erkennen, dass Deutschland nicht mehr bereit ist, seine Migrationspolitik der letzten Jahre fortzusetzen.
Alexander Dobrindt, Bundesinnenminister (CSU)
Dobrindt zeigte sich nun in einem Interview überzeugt, dass die Maßnahmen Wirkung zeigen. „Die Asylbegehren an der Grenze sind auch deswegen niedrig, weil es sich schnell herumgesprochen hat, dass der Einlass in die Bundesrepublik Deutschland trotz Asylbegehren nicht mehr garantiert ist“, sagte der CSU-Politiker der „Welt am Sonntag“.
Der Minister sprach nun von einem „Domino-Effekt“. Auch Deutschlands Nachbarländer verstärkten die Kontrollen zu ihren jeweiligen Nachbarn. Angesprochen auf Kritik aus Polen und der Schweiz sagte er: „Sie sollten auch diejenigen Staaten erwähnen, die unsere neue Migrationspolitik begrüßen.“
Dobrindt verwies auf Frankreich, Dänemark, Tschechien und Österreich. „Die haben unsere Magnetwirkung auf Flüchtlinge mit Sorgen betrachtet, die durch die Migrationspolitik der Ampel ausgelöst worden war. Alle begrüßen, dass Deutschland bei der illegalen Migration an Anziehungskraft verliert.“ Dies entlaste auch die Transitländer.
„Es gibt keine Probleme an den deutschen Grenzen“, sagte Dobrindt. Man wolle die Nachbarn Deutschlands nicht überfordern. „Aber unsere Nachbarn müssen eben auch erkennen, dass Deutschland nicht mehr bereit ist, seine Migrationspolitik der letzten Jahre fortzusetzen.“
Einbürgerungen 2024
Im vergangenen Jahr sind einem Zeitungsbericht zufolge so viele Ausländer eingebürgert worden wie noch nie seit Beginn einheitlicher Erhebungen im Jahr 2000. Nach einer Umfrage der „WamS“ erhielten in 13 Bundesländern im vergangenen Jahr insgesamt 249.901 Menschen den deutschen Pass. 2023 waren es deutschlandweit noch 200.095 Personen, was damals ebenfalls ein Rekordwert war.
Mehrere Länder teilten die zum Teil vorläufigen Daten auf Anfrage mit, einige hatten sie schon in den vergangenen Tagen veröffentlicht. Keine Gesamtzahlen nannten Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. (dpa)
Dobrindt kündigte an, mit den EU-Partnern auch über die Abschiebung von Menschen ohne Aufenthaltsrecht in Drittstaaten zu sprechen. Er gestand ein, dass dies nicht im Alleingang, sondern nur auf der EU-Ebene möglich sei. „Es braucht Drittländer, die bereit sind, Migranten zu übernehmen, die objektiv nicht in ihre Heimatländer zurückgeführt werden können“, sagte Dobrindt. „Das Ermöglichen dieser Drittstaatenlösungen besprechen wir gerade auf der europäischen Ebene.“
Dobrindt weiter: „Die Grundlagen dafür erarbeiten wir gerade. Ich denke, die Umsetzung kann zum Beispiel mit abgelehnten Asylbewerbern gelingen, denn sie haben das Asylverfahren bereits durchlaufen.“
Dobrindt sprach davon, dass es sich am besten um „heimatnahe“ Länder der Betroffenen handeln solle. Die Regierungen von Großbritannien und Italien hatten versucht, Verträge mit Ruanda beziehungsweise Albanien zu schließen, damit dort Asylverfahren stattfinden oder Menschen ohne Bleiberecht aufgenommen werden.
Dobrindt will dauerhafte Abkommen mit Syrien und Afghanistan
Der Bundesinnenminister kündigte zudem an, möglichst schnell mit Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber und von Straftätern aus Syrien und Afghanistan zu beginnen.
Es solle möglichst bald mit der neuen syrischen Regierung verhandelt werden. „Ich will, dass in Syrien möglichst bald mit Regierungsvertretern über Rückführungen verhandelt wird. Meine Amtsvorgängerin Nancy Faeser hat dazu ein Vorgespräch geführt, ich will diesen Faden aufnehmen und gemeinsam mit europäischen Nachbarn versuchen, eine Vereinbarung mit Syrien zu erreichen.“
Grundsätzlich würden ohne die Zustimmung der Herkunftsländer keine dauerhaften Rückführungsabkommen möglich sein. „Für mich ist es entscheidend, dass wir sowohl mit Syrien als auch mit Afghanistan diese Rückführungsmöglichkeiten schaffen“, so Dobrindt. „Diese müssen dauerhaft tragfähig sein. Es darf nicht so sein, dass Abschiebungen einmal kurz vor Wahlen durchführt werden, wie wir das bei dem Flug Richtung Afghanistan gesehen haben.“