Dahlmeiers Leichnam soll in den Bergen bleiben: Behörden werden keinen weiteren Bergungsversuch unternehmen

Trauer um Laura Dahlmeier: Die ehemalige deutsche Biathletin ist beim Bergsteigen im pakistanischen Karakorum-Gebirge tödlich verunglückt. Dahlmeier war am Montag am Laila Peak auf rund 5700 Metern Höhe von einem Steinschlag getroffen worden. Ihr Management geht angesichts der Schilderungen von Dahlmeiers Seilpartnerin davon aus, dass die 31-Jährige bereits seit Montag tot ist.

Dahlmeiers Leichnam soll in den Bergen bleiben. Pakistanische Behörden werden keinen weiteren Bergungsversuch in die Wege leiten. Das teilte der Sprecher der zuständigen Provinzregierung Gilgit-Baltisten, Faizullah Faraq, am Donnerstag mit. Damit wollten die Behörden den letzten Wunsch der in Pakistan verunglückten Sportlerin respektieren, wonach niemand sein Leben riskieren sollte, um sie zu bergen.

Dahlmeiers Leichnam habe sich in einem schwierigen Terrain befunden, was im Falle einer Bergung eine hohe Gefahr für das Rettungsteam bedeutet hätte. „Als erfahrene Bergsteiger haben wir uns entschieden, nicht zu gehen“, so der bayerische Alpinist Thomas Huber, der Teil des Rettungsteams war. Auch das Rettungsteam habe Dahlmeiers Wunsch respektieren wollen.

Dahlmeiers Wunsch: Keine Bergung

„Es war Laura Dahlmeiers ausdrücklicher und niedergeschriebener Wille, dass in einem Fall wie diesem niemand sein Leben riskieren darf, um sie zu bergen“, teilte ihr Management mit. „Ihr Wunsch war es, ihren Leichnam in diesem Fall am Berg zurückzulassen. Dies ist auch im Sinne der Angehörigen, die außerdem ausdrücklich darum bitten, Lauras letzten Wunsch zu respektieren.“

Die Rettungsaktion zur Bergung war erfolglos geblieben und deshalb eingestellt worden. Am Mittwoch waren laut Behördenangaben vier erfahrene Kletterer und zwei Bergträger auf dem Weg zu der verunglückten Sportlerin. Helikopter konnten aufgrund der schlechten Wetterbedingungen zunächst nicht starten. Am Vortag war ein Helikopter über den Unglücksort geflogen und hatte kein Lebenszeichen mehr festgestellt.

„Wir nehmen Abschied von einem großartigen Menschen“, teilte die Familie mit, verbunden mit Dank an die Retter. „Laura hat mit ihrer herzlichen und geradlinigen Art unser Leben und das Leben vieler bereichert. Sie hat uns vorgelebt, dass es sich lohnt, für die eigenen Träume und Ziele einzustehen und sich dabei immer treu zu bleiben.“

Aus Rücksicht auf die Familie und nahestehende Personen bittet das Management die Öffentlichkeit und die Medien, von Fragen abzusehen und die Privatsphäre der Angehörigen in dieser schweren Situation zu wahren.

So kam es zu dem Unglück

Dahlmeier war den Angaben ihre Managements zufolge mit ihrer Seilpartnerin an dem 6069 Meter hohen Laila Peak unterwegs. Die Frauen kletterten im alpinen Stil, also mit möglichst leichter Ausrüstung und ohne Expeditionslogistik.

Das Unglück ereignete sich während eines Abseilmanövers. Dahlmeiers unverletzte Seilpartnerin setzte sofort einen Notruf ab, eine Rettungsaktion wurde umgehend eingeleitet. 

Die Kletterpartnerin versuchte den Angaben zufolge über viele Stunden, Dahlmeier zu bergen. Das sei aber in dem schweren Geländes und wegen des weiter anhaltenden Steinschlags unmöglich gewesen. Nachdem die Seilpartnerin außerdem keine Lebenszeichen mehr erkennen konnte, entschied sie sich während der Nachtstunden für einen Rückzug aus der Gefahrenzone und den weiteren Abstieg.

Am Morgen des 29. Juli konnte Laura Dahlmeier bei einem Überflug eines Militärhubschraubers gesichtet werden, es waren jedoch keine Lebenszeichen wahrnehmbar. Aufgrund technischer und bergetechnischer Limitierungen des Hubschraubers konnte eine Rettung aus der Luft nicht durchgeführt werden. Auch eine terrestrische Rettung war wegen der anhaltenden Steinschlaggefahr und der objektiven Gefahren am Unfallort nicht möglich.

Auf Grundlage der Erkenntnisse aus dem Hubschrauber-Überflug und der Schilderungen der Seilpartnerin zur Schwere der Verletzungen ist vom sofortigen Tod Dahlmeiers auszugehen.

Mit Einsetzen der Dunkelheit wurde die Bergung am Abend eingestellt. Die Seilpartnerin wurde von zu ihr aufgestiegenen akklimatisierten Bergsteigern in das Basecamp begleitet. Sie ist unverletzt und wird vor Ort betreut.

Dahlmeier galt allerdings als erfahrene Bergsteigerin. Sie war staatlich geprüfte Berg- und Skiführerin und aktives Mitglied bei der Bergwacht.

Absturz im Zugspitzmassiv 2014

Dahlmeier wusste um die Risiken des Bergsteigens. Ihr Ex-Partner (29) starb Anfang Januar 2022 bei einem Lawinenunglück in Patagonien. Sie selbst stürzte schon Jahre zuvor im August 2014 beim Klettern im Zugspitzmassiv ab. Eine Felsschuppe, ein Griff, brach heraus. Sie versuchte nachzugreifen, fand aber erneut keinen Halt, weil auch der nächste Griff ausbrach, wie sie in ihrem Buch „Wenn ich was mach, mach ich’s gscheid“ schrieb. 

Das Sicherungsseil rettete sie, sie erlitt einen Knöchelbruch, einen Bänderriss im Sprunggelenk sowie mehrere Prellungen. Die Bergrettung holte sie. Später sagte sie, ihr komme es vor, „als hätte ich in sehr kurzer Zeit fast alles erlebt“. Und sie habe eindrücklich die Lektion gelernt, dass man nicht „unsterblich“ ist: „Wenn du beim Klettern einen Fehler machst, kannst du ums Leben kommen.“

Dahlmeier gewann vor dem frühen Ende ihrer aktiven Karriere im Jahr 2019 unter anderem zweimal olympisches Gold bei den Winterspielen in Pyeongchang und insgesamt sieben WM-Titel. Auch den Sieg im Biathlon-Gesamtweltcup sicherte sich die Garmisch-Partenkirchenerin 2017.

Im Mai 2019 beendete die Oberbayerin im Alter von 25 Jahren überraschend ihre Karriere als Leistungssportlerin. Sie erklärte damals, dass sie als Biathletin keine sportlichen Ziele mehr habe. Neben ihren Berg- und Klettertouren war Dahlmeier zuletzt auch immer wieder als TV-Expertin für das ZDF aktiv. (dpa/AFP/Tsp)