Play-off-Start gegen Ulm: So hat Pedro Calles Alba Berlin wieder in die Spur gebracht

Es ist fraglich, ob Pedro Calles jemals von Klaus Augenthaler und seiner legendären Pressekonferenz als Trainer des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg vor ziemlich genau 18 Jahren gehört hat. „Die Fragen stelle ich, die Antworten gebe ich auch“, hatte der sichtlich gereizte Augenthaler damals gesagt und das Podium nach 44 Sekunden wieder verlassen. Der spanische Coach von Alba Berlin sprach am vergangenen Donnerstag ganz gelassen und deutlich länger, handhabte es aber wie Augenthaler.

„Glaube ich, dass wir uns in vielen Bereichen verbessert haben?“, fragte Calles und bejahte dies entschlossen. „Glaube ich, dass wir das beste Team sind oder an unserem Maximum angekommen sind? Nein!“  

Albas Trainer brachte es damit kurz und knapp auf den Punkt, doch eine Frage konnte auch er nicht beantworten. Wo steht Alba vor dem ersten Viertelfinale in Ulm am Samstag (18.30 Uhr)?

Die Berliner haben acht der letzten neun Spiele in der Basketball-Bundesliga gewonnen und kommen nach dem Erfolg gegen den Mitteldeutschen BC im Play-in am Dienstag mit viel Schwung in die Play-offs. Doch reicht das für Ulm, die konstanteste Mannschaft der Liga, die Platz eins nach der Hauptrunde nur um Sekunden verpasst hat?

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Calles hat vor zwei Monaten übernommen

„Ulm ist klar der Favorit“, sagt Albas Sportdirektor Himar Ojeda. „Nicht nur, weil sie in der Hauptrunde Zweiter geworden sind und wir Siebter. Man sieht ihre Balance, wie sie ihre Spiele gewinnen, das ist sehr beeindruckend – und sie haben den Heimvorteil.“ Noch vor zwei Monaten wäre eine Serie über maximal fünf Spiele für Alba wohl noch aussichtslos gewesen, zu fragil, zu inkonstant waren die Berliner. Doch das hat sich geändert.

Traditionell spiele Alba gegen Ende der Saison immer seinen besten Basketball und das sei auch jetzt der Fall. „Wir kommen von hinten, aber wir sind jetzt die Last los, die mit der Gefahr einherging, zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte die Play-offs zu verpassen, und wollen an unsere Chance glauben“, sagt Ojeda. „Es ist schwer, nur auf die letzten anderthalb, zwei Monate zu schauen, aber seitdem ist die Bilanz deutlich besser.“

Vor zwei Monaten hat Alba den Trainer gewechselt und nach einigen Anfangsschwierigkeiten ist mittlerweile eine klare Verbesserung zu erkennen. Das liegt an den besseren Rahmenbedingungen – keine Doppelbelastung mehr durch die Euroleague, weniger Verletzte – aber auch an Calles.

Der Trainer hatte gleich nach seiner Beförderung vom Assistenztrainer zum Chef Mitte März gesagt, dass er in der laufenden Saison nur Details anpassen wolle, wich genaueren Fragen dazu aber später aus.

Sein Kapitän Martin Hermannsson ist in dieser Hinsicht weit offener und erklärt, was sich bei Alba seit dem Trainerwechsel verändert hat. „Pedro hat nicht gezaubert oder irgendwas Verrücktes gemacht. Er hat klare Regeln etabliert und die Rollen eindeutig verteilt“, sagt der Isländer.

Albas Martin Hermannsson (rechts) hat gegen Ulm und Alfonso Plummer in dieser Saison einmal gewonnen und einmal verloren.

© dpa/Soeren Stache

Was sehr simpel und minimalinvasiv klingt, ist bei genauerer Betrachtung ein Stilbruch für den Klub. Seit 2017 der große Aíto García Reneses mit seinem Co-Trainer sowie späteren Nachfolger Israel Gonzalez nach Berlin gekommen war, basierte Albas Basketball weitgehend auf Kreativität und Intuition. Der Coach gab grobe Richtlinien und Handlungsoptionen vor, die Spieler sollten auf dem Feld dann aber eigenständig Lösungen finden. Es war ein krasser Kontrast zur serbischen Schule, die zuvor lange bei Alba dominiert hatte.

Albas Viertelfinal-Termine

  • Samstag, 17.5., 18.30 Uhr in Ulm
  • Mittwoch, 21.5., 20 Uhr in Berlin
  • Samstag, 24.5., 18 Uhr in Ulm
  • Dienstag, 27.5., 18.30 Uhr in Berlin (falls nötig)
  • Donnerstag, 29.5., 15 Uhr in Ulm (falls nötig)

Die Serie wird nach dem Modus „Best-of-five“ gespielt, wer zuerst drei Siege hat, erreicht das Halbfinale.

Diese freie Art des Basketballs funktionierte bei den Berlinern zuletzt aber immer schlechter, mit dem Tiefpunkt in dieser Saison. „Isra ist ein Player’s coach, er lässt dir viele Freiheiten, aber das Problem dieses Jahr war: Wir sind so ein junges, unerfahrenes Team – und wenn man so ein junges Team frei spielen lässt, kann das in beide Richtungen gehen“, sagt Hermannsson. In dieser Saison ging es in die falsche Richtung.

Calles hat das Spiel vereinfacht und dem Team eine festere Struktur gegeben, an der sich die Profis festhalten können. Der Andalusier ist weit davon entfernt, jeden Angriff wie mit dem Playstation-Controller von außen zu steuern, aber er hat klare Vorgaben. „Pedro hat festgelegt, wer in welchen Situationen den Ball bekommt und wer in der Defense welche Aufgaben übernimmt“, sagt Hermannsson.

Zudem ist Calles, der im Gespräch sehr bedacht und ruhig wirkt, an der Seitenlinie deutlich emotionaler und aktiver als sein Vorgänger. Er nimmt von außen permanent Einfluss, motiviert, greift schneller auf Auszeiten zurück. Diese Energie überträgt sich auf das Team, wenngleich es nach dem Ende der Euroleague-Doppelbelastung natürlich auch einfacher ist, über 40 Minuten mit großer Intensität zu spielen.

Das macht sich vor allem in der Verteidigung bemerkbar. Alba ist deutlich aggressiver, wacher und leistet sich weniger Abstimmungsfehler. „Wir starten jedes Training mit Defensive-Drills für 30 Minuten, das haben wir vorher nicht gemacht“, sagt Hermannsson. Seit Anfang April haben die Berliner in der BBL im Schnitt 70,8 Punkte pro Spiel zugelassen, zuvor standen sie bei 83,1 gegnerischen Punkten.

Ob diese Verbesserungen gegen Ulm reichen, werden die kommenden drei bis fünf Spiele zeigen. Doch Alba fühlt sich bereit und Calles spürt in seiner Mannschaft eine zusätzliche Motivation. „Jeder erinnert sich, wie uns Ulm geschlagen hat – in dieser Saison, letzte Saison im Pokal und das Jahr davor in den Play-offs.“